Bewohner Werner Dietze (95) aus dem Kursana Domizil Aurich ist bis heute gern mit seinem Fahrrad unterwegs. ©Kursana

 
09.03.2021

Lebensabend mit Freiheit und Sicherheit

Seit drei Jahren wohnt Werner Dietze (95) im Kursana Domizil Aurich und genießt zudem weiter seinen Alltag im eigenen Haus und Garten.

Morgens bereitet sich Werner Dietze im Restaurant des Kursana Domizils Aurich sein Müsli aus Haferflocken und frischem Bio-Obst zu. Nach dem Frühstück steigt der 95-Jährige dann meist auf sein knallrotes Fahrrad und fährt zu seinem zweiten Zuhause. Ganz in der Nähe der Senioreneinrichtung am Auricher Hafen befindet sich das Einfamilienhaus mit großem Garten, in dem Werner Dietze viele Jahre mit seiner Familie glücklich war. Heute leben die beiden Töchter weit entfernt, seine Frau ist vor sechs Jahren gestorben. „Danach habe ich noch drei Jahre mit Unterstützung einer Hauswirtschafterin und eines Gärtners dort gelebt. Doch als ich mir nach einem Sturz einen Beckenbruch zugezogen hatte und im Rollstuhl saß, musste ich umdenken“, sagt der pensionierte Bauingenieur, der dank Physiotherapie längst wieder auf den Beinen ist. „Heute schätze ich die Sicherheit in der Senioreneinrichtung genauso wie die Freiheit, die mir der Alltag in meinem alten Zuhause gibt.“

Sein ungewöhnlicher Lebensentwurf im Alter ist für Werner Dietze die konsequente Fortsetzung eines langen Lebens, das sich nie am „Mainstream“ orientiert hat. Der gebürtige Leipziger wurde schon in jungen Jahren durch seinen engagierten Onkel überzeugter Antifaschist: Werner Dietze hasste die Zwänge des NS-Regimes genauso wie nach dem Krieg die Einschränkungen der sowjetischen Besatzer. Weil er nach Notabitur und Maurerlehre nicht an der technischen Hochschule in Dresden zugelassen wurde, floh er in den Westen und studierte Bauingenieurwesen an der TH in Braunschweig. Ein Vortrag zu Ernährung und Gesundheit, den er zusammen mit seiner Frau 1954 besuchte, änderte das Leben des Paares: Fortan kamen nur noch vollwertige, naturbelassene Lebensmittel und weniger, dafür aber gutes Fleisch auf den Speisezettel. Als Werner Dietze eine Anstellung bei der Wasser- und Schifffahrtsdirektion in Aurich bekam und das Einfamilienhaus baute, legte seine Frau einen großen Nutzgarten an, der die Familie weitgehend zu Selbstversorgern machte.

Nachdem der passionierte Radfahrer mit 65 in den Ruhestand ging, war er 18 Jahre als wasserbaulicher Berater für eine Reederei tätig und arbeitete bei einer internationalen Expertengruppe mit, für die er mit 88 Jahren die letzte Dienstreise nach London unternahm. „Um im Alter fit zu bleiben, muss man körperlich und geistig beweglich sein und immer neu über den Tellerrand schauen“, ist Werner Dietze überzeugt. In Vor-Corona-Zeiten hat er nicht nur leichte Arbeiten im eigenen Garten übernommen, seine Besorgungen per Fahrrad erledigt und ist mit dem Kreis einer ehrenamtlichen Mitarbeiterin des Domizils kegeln gegangen. Er hat auch viele Vorträge bei der Auricher Volkshochschule besucht und mit anderen Senioren beim wöchentlichen Frühschoppen über aktuelle Themen diskutiert. „Der harte Lockdown im März war schwer für mich“, sagt Werner Dietze, der viel liest und sich die Zeit mit seiner Briemarkensammlung vertreibt. „Ich bin froh, dass ich jetzt viel an die frische Luft komme und mich bald auch wieder dem Garten widmen kann.“

Mit den Corona-Abstands- und Hygieneregeln nimmt es Werner Dietze dabei sehr genau, schließlich möchte er weder sich noch seine Mitbewohner im Domizil durch eine Infektion gefährden. „Auch wenn ich eher ein Einzelgänger bin, schätze ich die Gemeinschaft in der Einrichtung“, sagt der umtriebige Senior, der sich auch mit einem vegetarischen Mittagsmenü, das im Domizil zur Auswahl steht, gut arrangieren kann. Mittlerweile ist es für ihn ein schöner Brauch geworden, sich auch nachmittags im Restaurant mit den anderen Senioren zum gemütlichen Teetrinken einzufinden.  „So ist aus mir auf meine alten Tage noch fast ein Ostfriese geworden“, meint er schmunzelnd.  

Zur Übersicht