Agnieszka Bembenek (37) aus dem Kursana Domizil Bremen hat sich ihren Leitspruch tätowieren lassen: „Träume nicht dein Leben. Lebe deinen Traum.“ ©Kursana

 
27.01.2022

In der Pflege lebt „Agnes“ ihren Traum

Agnieszka Bembenek (37) hat bereits in vielen Berufen gearbeitet und durch die Corona-Pandemie ihre Reinigungsfirma verloren. Jetzt macht die alleinerziehende Mutter von drei Kindern im Kursana Domizil Bremen die Ausbildung zur Pflegefachkraft.

Wenn Bewohnerin Annemarie Köster (84) aus dem Kursana Domizil Bremen mit Computerspielen ihr Gedächtnis trainiert, spornt Agnieszka Bembenek (37) sie an. Manches Mal erkundigt sich die Seniorin, die neben ihrem Beruf als Krankenschwester fünf Kinder großgezogen hat, dann nach den drei Kindern, die die Mitarbeiterin der Pflege allein erzieht.  „Wenn du Spaß bei der Arbeit hast, kannst du alles schaffen“, gibt Annemarie Köster ihr lächelnd mit auf den Weg. In Momenten wie diesen weiß Agnieszka Bembenek, die in der Senioreneinrichtung von allen nur „Agnes“ genannt wird, dass sie endlich ihren Traumberuf gefunden hat. „Hier kann ich helfen und von der Lebenserfahrung der alten Menschen lernen. Es macht mich stark, wenn die Bewohner an mich glauben“, sagt die Polin, die im Herbst 2021 in die dreijährige Ausbildung zur Pflegefachkraft gestartet ist.

Als junge Frau wusste Agnieszka Bembenek lange Zeit nicht, welcher Beruf zu ihr passt: Sie besuchte in ihrer Heimat eine Schule für Verkäuferinnen im Einzelhandel, ließ sich zur Masseurin ausbilden und lernte das Friseur-Handwerk. „Doch nichts davon war meine Erfüllung. Heute weiß ich, dass mir das Soziale gefehlt hat“, sagt sie. Als Agnieszka Bembenek mit 18 Jahren zusammen mit einer Kusine nach Bremen kam, hielten sich die beiden Frauen mit Jobs in der Gastronomie über Wasser. Ihren 2007 geborenen Sohn Joshua hat sie von Anfang an allein erzogen und den Lebensunterhalt für beide verdient. „Wir Frauen aus Polen können anpacken“, sagt sie lächelnd. „Meine Mutter hat immer gesagt: Wir sind starke Frauen. Egal, wie es im Leben kommt.“

Als sich Agnieszka Bembenek dann mit einem mobilen Nagelstudio selbständig machte, hatte sie ihr Kleinkind immer dabei. Sohn Noah (heute 6) und Tochter Sofia (4) machten ihr Glück komplett. Dass kurz nach Sofias Geburt die Beziehung zum Vater der Kinder scheiterte, machte der Selfmadefrau aus Danzig keine Angst: Sie kämpfte um eine Wohnung für sich und die Kinder und machte sich mit einer eigenen Reinigungsfirma selbständig. Erst als Agnieszka Bembenek 2020 durch die Corona-Pandemie ihre Firma verlor und ein halbes Jahr lang Hartz 4 beziehen musste, geriet sie privat in eine Krise. „Schließlich möchte ich meinen Kindern ein Vorbild sein und ihnen im Leben etwas bieten können“, sagt sie. „Wenn ich in dieser Zeit mit den Kleinen in den Park gegangen bin, kam ich immer mit alten Menschen ins Gespräch und habe es geliebt, ihren Geschichten von früher zu lauschen.“

Durch diese Begegnungen hat sie sich entschlossen, in die Altenpflege zu gehen. Doch als Mutter von zwei kleinen Kindern war es schwer, eine Chance zu bekommen. Als Agnieszka Bembenek Ende Mai 2021 als Pflegehilfskraft auf dem Wohnbereich für demenziell Erkrankte im Kursana Domizil Bremen anfangen konnte, machte sie sich schnell durch Fleiß und Wissensdurst einen Namen. „Ich habe alles über Demenz gelesen, was ich im Internet finden konnte“, erzählt die engagierte Mitarbeiterin, die bei der Grundpflege der Bewohner einige Kenntnisse aus früheren Berufen einbringen kann. „Da ich die Menschen und die Arbeitsabläufe mittlerweile gut kenne, empfinde ich keinen Stress bei der Arbeit. Im Gegenteil: Ich komme bei den Kontakten mit unseren Bewohnern zur Ruhe.“ Als Agnieszka Bembenek zum Oktober 2021 ein Ausbildungsplatz zur Pflegefachkraft angeboten wurde, griff sie sofort zu. Auch wenn sich ihre Familie dadurch drei Jahre lang finanziell einschränken muss. „Ich habe den Kindern erklärt, dass ich den alten Menschen nach dem Schulbesuch noch besser helfen kann als jetzt. Da waren sie sofort einverstanden“, sagt sie stolz und zeigt auf ihren Unterarm, auf den sie sich vor Jahren den Leitspruch ihres Lebens tätowieren ließ: „Träume nicht dein Leben. Lebe deinen Traum.“ Die Kinder seien ihre Zukunft und ihr großes Glück, sagt Agnieszka Bembenek. Und endlich sei sie auch beruflich angekommen.

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