Beim gemeinsamen Malen kam Meryem Sen (8) mit Irma Theresia Ristenpart (98), der ältesten Bewohnerin des Domizils, ins Gespräch.

 
29.04.2025

Kleine Meryem ganz groß

Durch das Interesse der achtjährigen Schülerin am Leben alter Menschen kam eine Kooperation zwischen der Grundschule An der Glinder Au und dem benachbarten Domizil Billstedt zustande.

Hamburg-Billstedt. Täglich fährt Meryem Sen aus der Klasse 3a der Grundschule An der Glinder Au auf ihrem Schulweg am Kursana Domizil Billstedt vorbei. Immer wieder fragte sich das aufgeweckte achtjährige Mädchen, was in diesem besonderen Haus mit dem verglasten Vorbau wohl vor sich geht. Bis sie eines Morgens von ihrem Roller stieg und durch die Scheiben einen Blick in die fremde Welt der Senioreneinrichtung warf: Meryem beobachtete die Bewohnerinnen und Bewohner dabei, wie sie mit ihren Rollatoren durch das Foyer gingen. Und sie sah durch ein anderes Fenster einer Friseurin dabei zu, wie sie einer Dame mit Lockenwicklern eine elegante „Omi-Frisur“ zauberte.

„Als Meryem zu spät zum Unterricht kam, habe ich nicht geschimpft, sondern nach dem Grund gefragt“, erzählt Klassenlehrerin Tanja Amiroff. „So stand die Kleinste in der Klasse auf einmal im Mittelpunkt und konnte berichten, was sie erlebt hat. Mit ihrer Neugier hat Meryem ihre Mitschüler schnell angesteckt, und plötzlich wollten alle mehr über das Leben in einer Senioreneinrichtung erfahren.“ Da im Unterricht gerade das „Internet ABC“ behandelt wird, schrieben die Kinder eine E-Mail an das benachbarte Domizil und baten darum, den Bewohnern einen Besuch abstatten zu dürfen. Als Antonio Tabatabai, Leiter der sozialen Betreuung, den Kindern anbot, an einem der fünf regelmäßigen Beschäftigungsangebote am Vormittag teilzunehmen, kam die Antwort: „Wir möchten alle kennenlernen!“

Nachdem Tanja Amiroff mit den 18 Schülerinnen und Schülern besprochen hatte, was einen respektvollen Umgang mit alten Menschen ausmacht, konnte es losgehen: Die Kinder nahmen an einer Gymnastikstunde teil, sangen und malten zusammen mit den Senioren und durften beim Gedächtnistraining und beim Wettbewerb der Sinne mitmachen. „Jung und Alt sind wunderbar miteinander in Kontakt gekommen. Mich haben die vielen strahlenden Gesichter fasziniert“, sagt Antonio Tabatabai. Tanja Amiroff ist nach der Woche stolz auf ihre Klasse: „Die Kinder waren mutig und haben sich toll benommen. Sie sind ein Stück weit reifer geworden, weil sie sich in die alten Menschen hineinversetzt haben und sie jetzt besser verstehen können.“

Schnell waren sich alle einig, dass die Kooperation fortgesetzt werden soll: Künftig möchten die Kinder gemeinsam mit den Senioren spielen, Blumen pflanzen und Kuchen backen. Vielleicht wird sogar ein gemeinsamer Chor gegründet. „Meryem ist jetzt ganz stolz auf sich, weil dieses tolle Projekt ohne sie nie zustande gekommen wäre“, sagt die Lehrerin.    

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