Ein Erfolgserlebnis, das aufbaut: Hella Ebert, die älteste Bewohnerin der Kursana Residenz Hamburg, lernt mit 103 Jahren, die Veeh-Harfe zu spielen. ©Kursana

 
16.11.2020

Musikschülerin mit 103 Jahren

Mit großer Freude beginnt Bewohnerin Hella Ebert in der Kursana Residenz Hamburg damit, Veeh-Harfe zu spielen.

Ganz zaghaft und hochkonzentriert beginnt Hella Ebert damit, die Veeh-Harfe zu spielen. Zwischen Saiten und Instrument liegt ein Papierbogen mit schwarzen Linien und Punkten, die genau vorgeben, wann welche Saite gezupft werden muss. Als zart die ersten Töne des Volksliedes „Froh zu sein bedarf es wenig“ erklingen, huscht ein Lächeln über das Gesicht der der ältesten Bewohnerin der Kursana Residenz Hamburg, die am 15. November ihren 103. Geburtstag feierte. „Wer hätte gedacht, dass ich es mit meinen ungelenken Fingern schaffe, Harfe zu spielen“, sagt sie. „Ich habe mich mein Leben lang froh und glücklich gefühlt, wenn ich musizieren konnte. Wie schön, dass ich hier im Kreis meiner Mitbewohner ein ganz neues Instrument ausprobieren kann.“

Seit Herbst dieses Jahres bietet die ausgebildete Musikgeragogin Ludmila Gildenhorn aus der sozialen Betreuung der Niendorfer Senioreneinrichtung 14-tägig Treffen zum Erlernen des Harfenspiels an. Jeweils fünf Bewohner sitzen dann im hauseigenen Restaurant mit großem Abstand zueinander an den Instrumenten. Vor dem Spielen werden die Hände gründlich desinfiziert. „Die Nachfrage ist groß, denn auch Hochaltrige können auf der Veeh-Harfe ohne Notenkenntnisse gleich damit beginnen, einfache Musikstücke zu spielen“, sagt Ludmila Gildenhorn. „“Diese Generation konnte oftmals in ihrer Jugend wegen des Krieges nicht lernen, ein Instrument zu spielen. In vielen steckt dieser Wunsch bis heute. Wenn man es ihnen jetzt auch bei körperlichen oder kognitiven Einschränkungen ermöglichen kann, setzt dies ungeahnte Kräfte frei.“

Wissenschaftliche Studien belegen, dass Musikunterricht im Alter nicht nur der Lebensfreude dient: Musizieren trainiert Gedächtnis, Konzentration und Koordination gleichermaßen. Das Gehirn ist auch in fortgeschrittenem Alter lernfähig, und durch das Üben komplexer Vorgänge werden Nervenzellen neu vernetzt. Aktives Musizieren gilt neben Tanzen und Schachspielen als wirkungsvollste Demenz-Prophylaxe. Außerdem werden Atmung, Motorik und Körperkraft gestärkt, Kreativität geweckt und beim Spiel in der Gruppe das soziale Miteinander gefördert. Besonders Lieder aus Kindheit und Jugend lösen bei den meisten alten Menschen positive Erinnerungen und Glücksmomente aus. Musikgeragogen entwickeln spezielle Angebote, um Senioren zum Musizieren zu motivieren und sie dabei individuell zu fördern.

„Musik war immer mein Lebenselixier“, sagt Hella Ebert. Die gebürtige Berlinerin hat als Kind Klavier spielen gelernt und bis zu ihrem 13. Lebensjahr intensiv musiziert. Mit ihrem Mann hatte die kulturbegeisterte Wahl-Hamburgerin ein Abo für die Staatsoper und mehrere Theater. Nach seinem Tod 1987 trat Hella Ebert einem privaten Musikkreis bei und unternahm zahlreiche Konzertreisen zu Opernhäusern im In- und Ausland. Ende der 1980er Jahre legte sie sich ein E-Piano zu, das sie vor zwanzig Jahren beim Umzug in die Kursana Residenz begleitete. Noch heute bemüht sich Hella Ebert, täglich ein wenig auf dem Klavier zu spielen. „Das Sitzen fällt mir schwer und die Augen werden schlechter. Aber einfache Stücke von Mozart gelingen mir noch ganz gut“, erzählt sie lächelnd. „Ich bin gewiss nicht perfekt, aber die Freude an der Musik baut mich heute immer noch innerlich auf.“

Neben den Übungsstunden an der Veeh-Harfe nimmt Hella Ebert in der Residenz auch regelmäßig am Gedächtnistraining teil und besucht bei Ludmila Gildenhorn die Treffen des Kursana-Chores, die in diesem Jahr unter Corona-bedingten Abstands- und Hygieneregeln nur in Kleingruppen stattfinden konnten. Derzeit müssen als Vorsichtsmaßnahme leider alle diese Gruppenangebote für die Bewohner ausfallen. „Frau Ebert ist sehr musikalisch und hat ein unglaubliches Gedächtnis: Sie hat heute noch die Abfolgen der Sitztänze parat, die wir vor mehr als zehn Jahren gemeinsam in der Gruppe eingeübt haben“, erzählt die Mitarbeiterin der sozialen Betreuung. „Besonders bewundere ich, dass sie bis heute allem Neuen positiv begegnet und gern etwas ausprobiert. Darin ist sie für uns alle ein Vorbild.“ 

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