Die Freude ist groß, als Achtsamkeitstrainerin Diana Weyrauch für die Bewohnerinnen Inge Kühnert, Elke Saß und Ingrid Theede (v.l.n.r.) eine Übung anleitet. ©Kursana

 
23.09.2024

Senioren genießen die heilende Kraft der Natur

Beim „Waldbaden“ trainieren die Bewohner der Kursana Villa Reinbek ihre Sinne und erleben echte Glücksmomente. Auch demenziell Erkrankte profitieren von den Übungen.

Das Sonnenlicht fällt sanft durch das Blätterdach auf den Waldboden, Vögel zwitschern und aus der Ferne ertönt Kinderlachen. Auf einer kleinen Lichtung im Reinbeker „Wildkoppel“-Forst sitzen vier Bewohnerinnen und ein Bewohner aus der nahe gelegenen Kursana Villa mit Achtsamkeitstrainerin Diana Weyrauch zum „Waldbaden“. Zu Beginn erläutert die ausgebildete Erzieherin, Waldpädagogin und Kursleiterin für Waldbaden den Senioren, was sich hinter der japanischen Antistress-Methode „Shinrin Yoku“ verbirgt. „Wer mit allen Sinnen in die beruhigende Waldatmosphäre eintaucht, ist ganz im Moment und kann sich nicht in Sorgen oder Erinnerungen verlieren“, erklärt die 54-jährige Reinbekerin. „Zudem profitieren wir bei der Atmung von den ätherischen Ölen und weiteren wertvollen pflanzlichen Botenstoffen, die unser Wohlbefinden beeinflussen. Die positiven Wirkungen des Waldbadens sind mittlerweile sogar wissenschaftlich belegt: Es senkt den Blutdruck und den Blutzuckerspiegel, verbessert die Sauerstoffversorgung der Zellen und stärkt das Immunsystem. In Zeiten von Hektik und Reizüberflutung kann es Balsam für Körper und Seele sein.“

Mit Achtsamkeitsübungen erleichtert Diana Weyrauch den Senioren, mit ihren Sinnen in der Natur anzukommen. Als erstes geht ums „Schauen, ohne zu denken“: Die Teilnehmenden sollen einen Baum oder Ast fokussieren und von dort den Blick in die Weite schweifen lassen. Bei der folgenden Atemmeditation sind die Senioren schon so mit ihrer Umgebung vertraut, dass sie vertrauensvoll die Augen schließen. Diana Weyrauch leitet eine Reise durch den Körper an und fordert die Senioren auf, alle Körperteile wahrzunehmen und zu entspannen.

Bereits zum dritten Mal hat die Kursana Villa Reinbek das Waldbaden unter fachkundiger Anleitung in ihren Veranstaltungsplan aufgenommen. „Das Angebot kommt bei unseren Bewohnern gut an, weil sie die Natur nur noch selten hautnah erleben können“, sagt Ergotherapeutin Svenja Schmidtke-Krohn (25). „Waldbaden ist eine wirkungsvolle Methode, um die Sinneswahrnehmungen der Senioren zu trainieren und damit ihr Körpergefühl zu verbessern. Gerade bei beginnender Demenz kann es stabilisierend wirken, weil betroffene Bewohner oftmals schwer zur Ruhe kommen, sich aus Gruppenangeboten zurückziehen und mehr und mehr in der Vergangenheit leben.“  

Die folgende Paarübung, bei der es ums Fühlen geht, fördert gezielt die soziale Interaktion: Diana Weyrauch verteilt an die Senioren Baumwollbeutel mit Naturmaterialien, die es zu erfühlen gilt. Eine Person soll die Augen schließen, während ihr die andere mit einem kleinen Zweig, einem Tannenzapfen und einem Stück Baumrinde sanft über Hände und Arme streicht. Als Höhepunkt entpuppt sich schließlich eine motorisch anspruchsvolle Kreativübung, für die Diana Weyrauch die Teilnehmenden um einen Campingtisch versammelt: Zur Herstellung eines Waldmandalas wird zuerst Salzteig geknetet und anschließend mit einem kleinen Nudelholz ausgerollt. In gelöster Stimmung werden Farne, Moos und die filigranen Blüten der Wilden Möhre für das individuelle Erinnerungsstück auf den Teig aufgebracht. Am Zweig einer Lärche wird nicht nur ausgiebig geschnuppert. Die Nadeln, die wegen ihres Zitronenaromas zum Verfeinern von Speisen und zur Zubereitung von Tees genutzt werden, dürfen von den Bewohnern sogar probiert werden.

„Senioren brauchen Natur zum Anfassen“, sagt Diana Weyrauch. „Sie müssen die Dinge in die Hand nehmen und sie fühlen, riechen und schmecken können. Mit dem Alter werden unsere Sinneseindrücke schwächer, was die Lebensqualität beeinträchtigen kann. Es ist jedoch möglich, die Sinne durch Übungen zu stimulieren und zu stärken.“ Am Ende bilden alle Teilnehmenden einen Kreis, fassen sich an den Händen und nehmen gemeinsam ein paar tiefe Atemzüge. In eineinhalb Stunden ist ein schönes Miteinander entstanden, die Senioren wirken nach ihrem Waldbad geradezu beseelt. „Dieses besondere Erlebnis wird noch lange in meinem Herzen und in meinem Gefühl bleiben und positiv wirken“, bringt es eine Bewohnerin auf den Punkt.

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