Gudrun Bernhagen, Foto Krüger/Kursana
Gut ein Dutzend Zettel kleben im „Hundertjährigen, der aus dem Fenster stieg und verschwand“ und dann sind noch ein paar handgeschriebene Notizen im Buch. So sieht jedes Buch aus, mit dem Gudrun Bernhagen zur Lesestunde ins Kursana Domizil Marzahn fährt. Einmal im Monat stellt sie Senioren ein Buch vor. Den „Hunderjährigen“ mit all seinen Verwicklungen in einer Stunde zu präsentieren ist durchaus sportlich zu nennen, denn mit knapp 500 Seiten ist das wahrlich keine Kurzgeschichte. Gudrun Bernhagen kann das. Möglicherweise hilft ihr ihr Beruf dabei. Sie ist Lehrerin für Französisch und Ethik an eine Schule im Wedding und wohnt in Marzahn. Eine Krankheit zwang sie dazu, sich zu überlegen, was tun, wenn ich den Beruf nicht mehr ausüben kann? Sie erkundigte sich in der „Freiwilligen Agentur Marzahn“ und kam, wie übrigens an die 20 ehrenamtliche Helfer über die Jahre, zum Kursana Domizil Marzahn. Seit dem Sommer 2013 liest Gudrun Bernhagen dort regelmäßig und arbeitet auch wieder als Lehrerin im Wedding. Die Bewohner, sie hat etwa acht Stammgäste, sind sehr interessiert, weiß sie. Und diese wiederum schätzen ihre Art, Literatur vorzustellen – pro Lesestunde ein Buch. Dafür sind die Senioren dankbar, denn nichts ist wohl schlimmer als auf den Schluss vier Wochen warten zu müssen. Auf dem Programm standen bislang unter anderem Schulgeschichten von Kästner bis Rilke und „Der Schmetterlingssammler“. „Die Frau des Botschafters“ ist das nächste Leseprojekt. Und Gudrun Bernhagen verhehlt auch nicht, dass sie dabei auch ihren eigenen literarischen Vorlieben frönt – und die liegen in Finnland und in ganz Nordeuropa. Warum nicht, wenn es allen Spaß macht – und warum nicht noch im Alter Experte für finnische Literatur werden.
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