Ian Schneider begegnet den Senioren mit viel Empathie.

 
19.04.2017

In die andere Welt eintauchen

Demenzkranke Menschen brauchen Empathie. Altenpfleger Jan Schneider arbeitet als Fachkraft in der Kursana Villa Frankfurt und kann sich gut einfühlen. Das heißt aber nicht, das Gleiche empfinden, sondern Verständnis haben und den Weg mitgehen.

Frankfurt. Schon im ersten Moment der Begegnung spürt Altenpfleger Jan Schneider an diesem Morgen, in welcher Stimmung sich Ursula Patzenhauser befindet. Die an Demenz erkrankte Bewohnerin der Kursana Villa Frankfurt und der 26-Jährige kennen sich seit rund zwei Jahren und haben Vertrauen zueinander. Die ältere Dame ist ausgeglichen. Sie hat heute allen Grund zur Freude. „Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, Frau Patzenhauer“, ruft Jan Schneider. „Auch ihnen einen Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag“, sagt sie. Beide lächeln und nehmen auf dem Sofa Platz.

Die 89-Jährige rückt näher an Jan Schneider heran. Er legt seine rechte Hand leicht auf ihre linke. Sie bleibt in dieser Berührung und empfindet den Kontakt offensichtlich als angenehm. Sonnenstrahlen fallen durch die bodentiefen Fenster und legen sich wie ein leuchtender Teppich ins Wohnzimmer. „Wollen wir ein bisschen rausgehen?“ fragt die Dame. „Gerne“, sagt ihr Begleiter. Auf dem Weg zur Zimmertür greift sie nach seiner Hand.

An Demenz erkrankte Menschen suchen oft Nähe. Die Berührung kann eine vertrauensvolle Begegnung unterstützen. Dabei ist Achtsamkeit für die Fachkräfte eine wichtige Voraussetzung, um zu spüren, wie es den Bewohnern geht und ob es möglicherweise stumme Widerstände gibt. Verständigung läuft auch ohne Worte. Jan Schneider beschreibt die Kommunikation als einen lebendigen Prozess, zu dem viel Einfühlungsvermögen und Verständnis gehören.

„Empathie ist ein großes Wort“, sagt er. „Ich kann mich gut einfühlen.“ Das bedeutet für ihn aber nicht, das Gleiche zu empfinden wie dementielle Bewohner, sondern – im Sinne des englischen Psychogerontologen Tom Kitwood – das Verständnis für das Erleben und Leben eines Menschen zu haben. „Wir müssen in ihre Welt eintauchen“, betont Jan Schneider.

Für den Mann aus Essen stand schon früh fest, dass er sich beruflich mit Senioren beschäftigen möchte. „Da bekommst Du unmittelbar ein Feedback und eine ehrliche Dankbarkeit.“ Schon als Teenager kümmerte er sich um seine pflegebedürftige Großmutter und beschloss, eine Ausbildung zur Pflegefachkraft zu absolvieren. In der Senioreneinrichtung, in der er den Beruf gelernt hatte, „blieb ich aber auch nach dem Examen noch der Lehrling, dem man nicht viel zutraute“. Dann wechselte zur Villa Frankfurt in der Eschersheimer Landstraße 125.

„Bei Kursana hatte ich die Möglichkeit, mich weiter zu qualifizieren.“ Jan Schneider besuchte Seminare, wurde Wohnbereichsleiter und stellvertretender Pflegedienstleiter. Gemeinsam mit dem Team aus seinem Wohnbereich nahm er viel aus einem Kurs bei Naomi Feil, Gerontologin und Expertin für Validation, mit in den Berufsalltag. Im Mittelpunkt steht dabei die wertschätzende Kommunikation, ohne korrigierendes Verhalten. Die Bedürfnisse wie etwa nach Sicherheit, Liebe und Trost sollen besser erkannt werden. Die Devise lautet: Den Weg der Menschen mitgehen, statt ihnen zu widersprechen.

Aus der Symbiose von Herzenswärme und Fachwissen entwarf Jan Schneider ein Konzept zur Bezugspflege. Er sorgt im Wohnbereich dafür, dass es personell eine große Kontinuität bei der Betreuung gibt. Dadurch wächst Vertrauen. Außerdem stellt er die Kleingruppen im Wohnbereich mit Blick auf die Biografie und Lieblingsbeschäftigungen der Senioren zusammen. „Die Gemeinsamkeiten beruhigen und stabilisieren unsere Bewohner. Damit kommen wir dem großen Ziel ein Stück näher: „Mehr Lebensfreude.“

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