13.10.2015

Damit der Alltag schöner wird

Künzell. Heute geht es wieder raus an die frische Luft. Am Stadtrand riecht es nach Sommer, die Rapsfelder werden gelber, ein leichtes Lüftchen weht über die Wiesen. Im Kursana Domizil Künzell hilft Maria Müller einer 80-Jährigen Bewohnerin dabei, die Jacke anzuziehen. Gleich geht es los zu einem Spaziergang durch die Gärten und entlang der Felder in der Nähe der Brandenburger Straße. Die ältere Dame, die heute von Maria Müller begleitet wird, ist an Demenz erkrankt und nicht mehr in der Lage, rund um die Pflegeeinrichtung allein spazieren zu gehen. Dank der Hilfe von Maria Müller erhalten die Bewohner des Kursana Domizils eine zusätzliche Unterstützung zu den vielfältigen Angeboten der Fachkräfte im Haus.

Maria Müller ist eine sogenannte Alltagsbegleiterin. Seit rund fünf Jahren arbeitet die 48-Jährige im Kursana Domizil. Sie unterstützt unter anderem demente Bewohner und hilft ihnen dabei, ihren Alltag zu bewältigen, die Zeit zu strukturieren und aktiv zu gestalten. Es geht darum, die Lebensqualität zu erhöhen. „Die sieben Alltagsbegleiterinnen, die regelmäßig zu uns kommen, gehören fest ins Team unserer Mitarbeiter“, sagt Ralf Bohlen, Direktor der Senioreneinrichtung. 

„Wir möchten sie auf keinen Fall mehr missen“. Die gesetzliche Grundlage für die Unterstützung der Alltagsbegleiter ist der Paragraf 87b des Sozialgesetzbuches XI. Dort ist geregelt, dass und wie sozusagen Berufsfremde nach einer Weiterbildung in einer Einrichtung fest eingestellt werden und das Pflegepersonal unterstützen dürfen. Der Gesetzgeber schreibt vor, dass für je 24 an Demenz Erkrankte eine Vollzeitstelle für eine Alltagsbegleiterin eingerichtet werden muss. Das Betätigungsfeld der Alltagsbegleiterinnen geht weit über Spaziergänge hinaus. Angehörigenkontakte, gemeinsame hauswirtschaftliche Tätigkeiten, die Begleitung zu kulturellen Veranstaltungen oder Kaffeefahrten ins Blaue mit den Bewohnern bei schönem Wetter gehören ebenfalls dazu.

Gerne backt Maria Müller zum Beispiel mit den zumeist weiblichen Bewohnerinnen des Kursana Domizils Kuchen oder Waffeln. „Weil es dann so gut riecht im Haus- und schmecken tut es ja auch“, schmunzelt sie. Eine große Rolle spielt die individuelle Betreuung der Senioren. So unterstützt Maria Müller ihre Bewohner auch bei alltäglichen Dingen wie dem Halten des Getränkeglases oder dem Zuknöpfen einer Jacke. Genau da, wo sie gebraucht wird. 

Auch Bewohner, die ihr Zimmer oder sogar ihr Bett nicht mehr allein verlassen können, müssen nicht auf die wohltuende Zuwendung verzichten. Maria Müller und ihre Kolleginnen aus dem Kreis der Alltagsbegleiterinnen nehmen sich Zeit für Einzelbetreuungen. Im Hinblick auf die Biographie und die Wünsche der zu Betreuenden lesen sie vor, unterhalten sich, singen, beten oder halten einfach nur mal die Hand – je nach den Bedürfnis. „Meine Arbeit zeigt Wirkung“, stellt Maria Müller fest. Die Senioren seien spürbar entspannter. 

Wie fast alle Alltagsbegleiter hat auch Maria Müller zuerst einen ganz anderen Beruf erlernt und sich dann aus Liebe zu älteren Menschen weiter ausbilden lassen. Sie arbeitete zuvor als Hauswirtschaftliche Betriebsleiterin, absolvierte im Haus das erforderliche Praktikum und bekam nach ihrer Ausbildung den Arbeitsvertrag. „Wichtig ist vor allem, dass die Alltagsbegleiter flexibel, offen für alte Menschen und deren Anliegen und mit einer gesunden Portion Humor ausgestattet sind. Das alles können Maria Müller und ihre Kolleginnen bieten“, sagt Ursula Kaufmann, sozialpädagogische Leitung der Einrichtung. 

Zu den verschiedenen Feierlichkeiten oder der Jahreszeit entsprechend bastelt Maria Müller außerdem gern mit den Bewohnern. Dabei entstehen je nach Anlass und Thema Fensterbilder, Tischdekorationen, Osterschmuck oder Weihnachtssterne. Maria Müller kann ihrer Kreativität dabei freien Lauf lassen und die Bewohner lieben es, die Dekoration für ihr Zuhause selbst herzustellen. Auch Spielenachmittage sind für die Bewohner immer ein Highlight. Egal ob Mühle, Halma oder der Klassiker „Mensch ärgere Dich nicht“ die Senioren haben immer viel Spaß. Aber Maria Müller muss aufpassen wie ein Luchs. „Verlernt hat die ältere Generation nichts – auch nicht das Schummeln“, sagt sie mit einem Augenzwinkern.

 

Zur Übersicht