Sabine Reiter hat mit Mitte 50 durch die Tätigkeit als Pflegeassistentin im Kursana Domizil Aurich ihre Berufung gefunden. ©Kursana

 
22.12.2020

Das gute Gefühl, Menschen zu helfen

Pflegeassistentin Sabine Reiter (58) ist der "Weihnachts-Engel" im Kursana Domizil Aurich. Menschen wie sie geben Senioren im herausfordernden Corona-Jahr Halt

Wenn es nach Sabine Reiter geht, soll kein alter Mensch mit seinen Sorgen allein bleiben: Die 58-jährige Pflegeassistentin aus dem Kursana Domizil Aurich hat immer ein offenes Ohr für die Bewohner, spendet mit kleinen Gesten Trost und kommt auch an freien Tagen jederzeit ins Haus, wenn ein Bewohner Begleitung bei einem Arztbesuch benötigt oder ein Kollege erkrankt ist. „Jede Pflegeeinrichtung wünscht sich eine Sabine, die mit so viel Herz bei der Arbeit ist und immer einsatzbereit ist, wenn es irgendwo brennt“, sagt Direktorin Sabine Häßner. Anerkennende Worte wie diese lassen Sabine Reiter aufblühen und spornen sie an. Denn bis vor zweieinhalb Jahren war für die Auricherin unvorstellbar, dass ihr eine Arbeit so viel Erfüllung und Selbstbestätigung schenken könne.

Im Frühjahr 2018 steckte Sabine Reiter in einer tiefen Krise: Nach dem Tod ihres Mannes war die Tochter ausgezogen. Die Mittfünfzigerin war nach diversen Jobs als Verkäuferin, Reinigungskraft oder Küchenhilfe arbeitssuchend und nahm an einer Eingliederungsmaßnahme des Arbeitsamtes an der Kreisvolkshochschule Aurich teil. Als ihr dort eine Mitarbeiterin eine Tätigkeit in der Altenpflege nahelegte, war Sabine Reiter skeptisch. „Ich hatte meinen Mann zweieinhalb Jahre zu Hause gepflegt“, erzählt sie. „Aber ich hatte keine Vorstellung davon, wie das Leben in einer Senioreneinrichtung aussieht. Ich wollte erst einmal abwarten, ob mir das liegt.“ Noch am gleichen Tag fand im Domizil ein Vorstellungstermin bei Sabine Häßner statt, bei dem die Frauen vereinbarten, dass Sabine Reiter im Rahmen eines 14-tägigen Praktikums in den Pflegeberuf hineinschnuppern könne. „Ich fühlte mich gleich freundlich aufgenommen und wurde von der Pflegedienstleiterin und den Kollegen ausgiebig in die Tätigkeit einer Pflegeassistentin eingewiesen. Die Nähe zu den Senioren hat mir auf Anhieb großen Spaß gemacht und schon nach einer Woche hat sich die Wohnbereichsleiterin dafür eingesetzt, dass ich bleibe“, sagt Sabine Reiter, die am 1. Mai 2018 ihren Arbeitsvertrag unterschreiben konnte.

Es gehört zu ihren Aufgaben, die Senioren bei der Körperpflege und beim An- und Auskleiden zu unterstützen. Je nach Dienst bringt Sabine Reiter den Bewohnern das Frühstück oder das Abendessen und begleitet sie mittags zum Restaurantbesuch sowie zu Veranstaltungen im Haus. „So entsteht zu vielen Bewohnern eine persönliche Bindung. Sie vertrauen mir ihre Ängste und Sorgen an, und gerade im Corona-Jahr sind manches Mal auch Tränen geflossen“, sagt Sabine Reiter. Da wirke es Wunder, einfach zuzuhören, die Hand zu halten oder über die Wange zu streicheln. „Die Bewohner freuen sich immer, wenn sie mich sehen. Oft wollen sie mir sogar etwas zurückgeben. Dann sage ich: Schenken Sie mir ein Lächeln, das macht mich wunschlos glücklich.“

Sabine Reiter hat festgestellt, dass sie die Arbeit in der Pflege verändert hat: Sie habe wieder neuen Lebensmut bekommen und gehe mit offeneren Augen durch den Alltag. Zum ersten Mal im Leben empfinde sie ihre Arbeit als sinnstiftend und habe große Freude daran, immer neu dazuzulernen, sagt sie. Jeden Dienst trete sie mit einem Lächeln auf den Lippen an, und Bekannte meinen, dass sie ein rundum positiver Mensch geworden sei. Kein Wunder, dass sie der neue Lebensgefährte beim Schichtdienst unterstützt und viel Verständnis dafür hat, wenn sie wieder einmal ihr Strickzeug beiseitelegt und kurzfristig bei der Arbeit einspringen möchte.

„Es gibt nur eine Sache, die ich bedauere“, sagt Sabine Reiter und lächelt. „Wenn ich gewusst hätte, wie viel Erfüllung mir die Tätigkeit in der Pflege gibt, hätte ich diesen Lebensweg viel eher eingeschlagen.“

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