Ein starkes Team im Kursana Domizil Aurich (v.l.): Beate Hansen, Angelika Franziskus, Silvia Meier, Norma Strong, Heike Ravenschlag, Claudia Martens und Martina Schulte begleiten die Bewohner durch den Alltag. ©Kursana

 
08.10.2015

Sieben Frauen bringen Leben ins Haus

Das Betreuungsteam für die Bewohner im Kursana Domizil Aurich wurde aufgestockt.

An der Tür zum Besprechungsraum hängt eine Postkarte mit dem Spruch „Das Leben ist ein Ponyhof“, der mit einem handschriftlich eingefügten „k“ korrigiert wurde. Tatsächlich ist der Trubel, der im Team der Sozialen Betreuung im Kursana Domizil Aurich um die Mittagszeit herrscht, keine Ponyhof-Idylle: Hier laufen sieben Frauen bei der Schichtübergabe durcheinander, tauschen Neuigkeiten aus, besprechen Dienstpläne und treffen Absprachen. Eine kopiert Handzettel, die nächste laminiert Karten, eine dritte packt Bücher als Geschenke ein. Es wird viel gelacht. „Hier ist die Zentrale, in der unsere 105 Bewohner mit den sechs Betreuungskräften so zusammengebracht werden, dass es für alle ein produktives Miteinander wird“, erklärt Heike Ravenschlag, Gesundheitstrainerin und Leiterin der Sozialen Betreuung in der Senioreneinrichtung. „Durch unsere zwei neuen Mitarbeiterinnen sind wir ein so buntes Team geworden, dass garantiert jeder ein Gegenüber findet, das zu ihm passt.“

Das Pflegestärkungsgesetz, das Anfang des Jahres in Kraft trat, macht es möglich, dass in stationären Pflegeeinrichtungen zusätzliche Betreuungskräfte eingestellt werden können. Hatten vordem nur Pflegebedürftige mit „erheblichem  Betreuungsbedarf“ wie im Falle von Demenz Anspruch auf diese Unterstützung im Alltag, so steht dieses jetzt allen Bewohnern zu. Die sogenannten  „Zusätzlichen Betreuungskräfte nach § 87b SGB XI“ motivieren die alten Menschen in Einzelbetreuung oder Gruppenangeboten zu Aktivitäten, regen auf vielfältige Weise die Sinne an und unterstützen den Erhalt der Alltagskompetenz. Sie kooperieren mit den Pflegern, übernehmen aber selbst keine pflegerischen Tätigkeiten. Die mehrmonatige Qualifizierungsmaßnahme zum „Alltagsbegleiter“ nutzen viele Quereinsteiger in der Lebensmitte für einen beruflichen Neustart.

„Mir fiel mit Mitte 40 als Hausfrau die Decke auf den Kopf“, sagt Martina Schulte. Die ehemalige Einzelhandelskauffrau begann, ehrenamtlich eine alte Dame im Pflegeheim zu betreuen und machte schließlich die Ausbildung zur Betreuungskraft nach § 87b. Seit gut einem Jahr arbeitet sie im Domizil in der Einzelbetreuung von Bewohnern und leitet mittlerweile auch selbständig zahlreiche Gruppenangebote wie den Koch- und Backkreis, die Zeitungsrunde, den Gymnastikkurs oder das Gedächtnistraining. „Es ist schön, dass ich hier im Haus Verantwortung übernehmen darf“, sagt die heute 55-jährige Auricherin. „Wenn ich mir unsere Veranstaltungspläne anschaue, kann ich mir vorstellen, später auch in einem Pflegeheim zu leben. Hier ist immer etwas los.“

Silvia Meier ist eine der beiden neuen Alltagsbegleiterinnen, dank derer das Kursana Domizil jetzt ein Ganztagesangebot für seine Bewohner anbieten kann. Die 41-jährige ehemalige Friseurin, die eine einjährige Ausbildung zur Pflegeassistentin und Betreuungskraft absolvierte, bietet unter anderem seit kurzem immer donnerstags auch ein geselliges Beisammensein am Abend an. „Wir sitzen gemütlich bei Chips und Bier zusammen, singen und erzählen“, sagt sie. „Ich schätze an der Arbeit in der Betreuung, dass man hier Zeit für die Bewohner hat. Dass man auch einmal ihre Hand halten und zuhören kann. Schließlich braucht jeder Mensch ein Gegenüber, das für ihn da ist.“

Ihre Kollegin Beate Hansen, die früher in der Kurklinik auf Borkum gearbeitet hat, schätzt in der Begleitung die Vernetzung von Einzel- und Gruppenbetreuung. „Ich habe schon oft erlebt, dass eine Handreflexzonenmassage der Einstieg in ein Gespräch über die persönlichen Sorgen und Probleme wurde“, erzählt die 47-jährige. „Besonders männliche Bewohner brauchen diese persönliche Ansprache, um sich anvertrauen zu können. Wenn ein guter Kontakt entsteht, öffnen sich die alten Menschen oft auch wieder für das Erlebnis in der Gruppe.“

Auch Claudia Martens, die seit 2011 in der Betreuung der dementiell Erkrankten im Domizil ihre Erfüllung findet, spricht davon, wie individuelle Zuwendung ungeahnte Kräfte in den Bewohnern wecken kann. „Auch Demenzkranke haben oft ein größeres Potenzial an Fähigkeiten, als man auf den ersten Blick sieht“, sagt die 49-jährige dreifache Mutter, die früher in einer Apotheke gearbeitet hat. Sie hat erfahren, dass es oftmals Kleinigkeiten sind, die Lebensqualität in den Alltag bringen. „Wer immer gern Schmuck oder Lippenstift getragen hat, für den bedeutet solch ein Ausdruck der Persönlichkeit auch im Alter eine große Zufriedenheit.“

Heike Ravenschlag möchte eine weitere freie Stelle als Betreuungskraft am liebsten mit einem Mann besetzen, um die wachsende Zahl männlicher Bewohner individueller unterstützen zu können. Aber am wichtigsten ist für die 53-jährige Auricherin, dass alle in ihrem Team mit Herz und Spaß bei der Arbeit sind. Denn bei aller Unterschiedlichkeit der Frauen eint sie ein Gedanke: „Wir tun alles dafür, unseren Bewohnern den letzten Lebensabschnitt so schön und harmonisch wie möglich zu gestalten.“ Und wenn das ein bisschen nach Ponyhof-Idylle klingt, ist es auch genauso gemeint.

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