Simone Böttger pflegt Wachkomma-Patienten Copyright: Kursana

 
11.12.2017

Wenn die Sterne im Zimmer erstrahlen

Besuch im Wachkoma-Bereich des Kursana Domizils Greifswald

Mit fröhlichem Schwung betritt Simone Böttger das Zimmer. „Guten Morgen. Wie geht es ihnen?“ fragt sie Gerd-Uwe Boehk. Sie weiß, dass sie keine Antwort bekommen wird, aber sie ist sicher – er spürt sie da ist.

Gerd-Uwe Boehk ist Bewohner des „Sonnenblumenweges“, einem Wohnbereich des Kursana Domizils Greifswald. Acht Pflegekräfte betreuen hier rund um die Uhr acht Bewohner, die im Wachkoma leben. Populärmedizisch erklärt: Die Verbindung zwischen Großhirn und Stammhirn ist gestört. Das bedeutet, dass alle notwendigen Funktionen intakt sind, jedoch die Wahrnehmung gestört ist. Der Mensch lebt, fühlt und spürt ist jedoch nicht in der Lage sich adäquat zu äußern und aus eigener Kraft Kontakt zur Umwelt herzustellen. Er kann sich nicht selbstständig bewegen und ernähren, manchmal muss er auch beatmet werden. Ein hartes Schicksal.

Den Maurer Gerd-Uwe Boehk traf es vor 17 Jahren, ein Herzanfall, die Rettung war nicht schnell genug vor Ort, so wurde sein Hirn nicht mit Sauerstoff versorgt. Eine Verkettung unglücklicher Umstände, hieß es damals. Seither lebt der heute 67jährige im Kursana Domizil. Seine Frau Elke Boehk kommt fast täglich ihren Mann besuchen, manchmal kommt sie mit einer frischgebrühten Tasse Kaffee ins Zimmer, um seine Sinne anzuregen.

Die gelernte Krankenschwester Simone Böttger, die auch Wohnbereichsleiterin ist freut es, dass Frau Boehk so oft hier sein kann. Ein solche Fürsorge von Angehörigen wird nicht allen Bewohnern zu teil. Simone Böttger und ihre Kolleginnen im „Sonnenblumenweg“ wollen trotzdem allen Bewohner im Wachkoma hier ein Zuhause zu geben. Jeder ist besonders, reagiert anders. Auf hektische Abläufe, Veränderungen des Umfeldes folgen manchmal mit Schweißausbrüchen, Unruhe, gar Fieber. Sie sind gefangen in ihrer eigenen Hülle und können sich nicht anders ausdrücken.

Deshalb setzt das Team alles daran, dass es harmonisch und gleichmäßig zugeht. Ein wichtiger Punkt für das Wohlbefinden ist, die Sinne anzuregen: Vogelstimmen, Wassergeplätscher, Sternenhimmel durchflirren manchmal die Zimmer der Bewohner. Ein CD-Player unterm Kopfkissen mit der einstigen Lieblingsmusik, Düfte, Massagebälle; ein Hauch von Hönig im Mund oder ein Kausäckchen in den Wangentaschen, um den Geschmack anzuregen sind einige Mittel, die vielleicht das Leben positiv beeinflussen. Dass sie pflegerisch einwandfrei betreut werden ist selbstverständlich, dass die Gelenke bewegt werden und damit Verkrümmungen vorgebeugt wird, auch.

Simone Böttger hat es sich zum Prinzip gemacht, dass, die Bewohner ihres Wohnbereichs so weit es geht am normalen Leben teilnehmen. Also gibt es kleine Ausflüge im Rollstuhl, die Kollegen der sozialen Betreuung kommen, spielen mit den Bewohner, es werden Geburtstag gefeiert und Weihnachten ist auch hier ein schönes Ritual. Geborgenheit und Wohlfühlen möchte sie erzeugen.

Vier Mal hat sie, seit der Wachkoma-Bereich 2001 eröffnet wurde, erlebt, dass sich der Zustand eines Bewohners soweit gebessert hat, dass man wieder deutlich mit ihm kommunizieren konnte. Das motiviert Simone Böttger und ihr Team jeden Tag mit einem fröhlichen „Guten Morgen“ in die Zimmer zu gehen. Auch wenn niemand antwortet.

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