Ein inniges Tango-Erlebnis: Helmut Fuchs und Bewohnerin Helga Sawatzki genießen die gemeinsame Bewegung zur Musik. Copyright: Kursana.

 
01.06.2015

„Der Tango ging mir durch und durch.“

Tango Argentino begeistert die Bewohner im Kursana Domizil Billstedt.

Helmut Fuchs kniet vor Bewohnerin Helga Sawatzki (83) und nimmt ihre beiden Hände in seine. Der Tangolehrer und die alte Dame im Rollstuhl schließen die Augen und beginnen, die Oberkörper sanft im Rhythmus der Musik zu wiegen. In harmonischem Zusammenspiel formen ihre Arme wunderschön fließende Bewegungen. Beide wirken ganz versunken in ihr Tun, und am Ende des Liedes schenken sie sich gegenseitig ein strahlendes Lächeln. „Tanzen war mein Leben“, sagt  Helga Sawatzki. „Wie schön, dass ich nach so vielen Jahren wieder einmal einen Tango erleben kann.“

Bereits zum vierten Mal kamen der Diplom-Pädagoge Helmut Fuchs und seine Tanzpartnerin, die Kunsttherapeutin Jana Osterhus, ins Kursana Domizil Billstedt, um mit den Bewohnern Tango Argentino zu tanzen. Die beiden zeigen als Paar kunstvolle Tangodarbietungen, und Helmut Fuchs erzählt unterhaltsame Anekdoten aus der Geschichte des Tanzes. Er spielt Gitarre und singt für die Senioren. Aber vor allem schaffen es beide, alle Teilnehmer im Restaurant der Senioreneinrichtung zum Tanzen zu bewegen. Auch Bewohner, die kaum noch laufen können, kommen auf die Beine und schwingen im Arm der Profis sanft zur Musik.

„Die Grundlage des Tango Argentino ist ein Gehen in Umarmung. Schon diese Nähe tut den alten Menschen gut“, sagt Helmut Fuchs, der sein „Tango für Senioren“-Projekt vor zwei Jahren entwickelte und in bisher 38 Einrichtungen damit zu Gast war. „Wer sich ganz auf seinen Tanzpartner und die Musik einlässt, der tanzt Tango. Auch wenn er sich kaum bewegen kann, erlebt er ein Tanzgefühl.“ Einige wissenschaftliche Studien belegen mittlerweile sogar eine therapeutische Wirkung des Tanzes: Wer Tango tanzt, fördert seinen Gleichgewichtssinn, trainiert Muskulatur und Beweglichkeit und stärkt Selbstvertrauen und Lebensfreude. Besonders bei Parkinson-Erkrankungen, Depressionen und Stress kann sich das Befinden deutlich verbessern.

„Vor allem kann man nichts falsch machen, weil der Tango Argentino ein komplett improvisierter Tanz ohne feste Schrittfolgen ist“, erläutert Jana Osterhus, die sich einfühlsam auf jedes neue Gegenüber einzustellen versteht. „Hauptsache ist, das Herz tanzt mit.“ In Bewohner Günter Moldenhauer (82) trifft sie auf einen versierten Tänzer, der einst in der Tanzschule neben allen Standardtänzen auch Tango gelernt hat. Nach wenigen Schritten führt er souverän und genießt den Tanz mit Jana Osterhus, um sich dann galant mit Küsschen auf die Wange von ihr zu verabschieden.  „Gut, dass ich mit Ihnen in Übung bleibe und nichts verlerne“, sagt er. Wegen der großen Beliebtheit werden die Tango-Nachmittage im Domizil weiterhin einmal im Monat stattfinden.

Am Ende der 90minütigen Tanzveranstaltung strahlen die Gesichter. Bei vielen Teilnehmern sprudeln die Erinnerungen an früher. „Meine Mutter hat mir manches Mal verbieten wollen, zum Tanzen zu gehen, weil ich den Bus um zehn Uhr oft verpasst habe. Aber dann habe ich sie doch wieder ´rumgekriegt“, erzählt Helga Sawatzki. Belebt und glücklich macht sie sich in ihrem Rollstuhl auf den Weg zum Abendessen. „Der Tango ging mir durch und durch“, gesteht sie und lächelt.

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