Jubilarin Maria Müller freute sich über viele Glückwünsche. Zu den Gratulanten gehörten unter anderem (von hinten links) Bernadette Krötz, stellvertretende Direktorin der Kursana Villa, Direktorin Katy Wohlert, Leonhard Helm, Bürgermeister von Königstein sowie Rosemarie Knauer, Cousine von Maria Müller (untere Reihe).

 
09.10.2023

Das Musizieren hat sie jung gehalten

Königstein. Die schönen Erinnerungen aus ihrem langen Leben hat Maria Müller immer vor Augen. Auf dem Tisch in ihrem Apartment in der Kursana Villa Königstein stehen eingerahmte Farbfotos, die besondere Erlebnisse der vergangenen Monate festhalten. Auf einem Bild sieht man die Königsteinerin wie sie Alpakas, die in der Senioreneinrichtung in der Bischof-Kaller-Straße zu Besuch waren, hautnah erlebt. Die alte Dame strahlt. „Das Fell ist so weich.“

Das Album, das auf der Tischdecke neben der Vase mit frischen Blumen liegt, zeigt das bunte Leben von Maria Müller in alten Schwarz-Weiß-Fotos. „Sie deutet mit dem Finger auf eines der ersten Bilder: „Hier, mein Mann und ich.“ Handschriftlich wurde „1954 Fasching“ notiert. „Das zeigt, dass ich auch mal jünger ausgesehen habe“, sagt Maria Müller lächelnd. Am 7. Oktober 2023 hat sie ihren 100. Geburtstag gefeiert. Zu den Gratulanten gehörten neben ihren Angehörigen auch Königsteins Bürgermeister Leonhard Helm sowie Kursana-Direktorin Katy Wohlert, ihre Stellvertreterin Bernadette Krötz und viele Mitarbeitende aus dem Kursana Team, die die Jubilarin pflegen und betreuen.
„Ich kann es selbst kaum fassen, dass ich schon 100 bin. Das sah nicht so aus. Mit 19 Jahren hatte ich schon ein Magengeschwür. Doch mein Leben war eine schöne Zeit, auch wenn manches schwierig war“, sagt die Frau, die im Kelkheimer Stadtteil Fischbach wohnte, bevor sie in der Kursana Villa ein neues Zuhause fand. Eine schreckliche Zeit seien die Kriegsjahre gewesen. Mein Bruder war erst 18 und wurde getötet. Bauchschuss.“ Das hat meine Mutter nie verkraftet. „Ich habe meine kranke Mutter gepflegt, doch dann ist sie mit 53 Jahren gestorben“, erinnert sich Maria Müller.
Sport, gesunde Ernährung und eine positive Einstellung zum Leben, das sind gute Voraussetzungen, um zum zehnten Mal einen runden Geburtstag zu feiern. Das Rezept fürs Altwerden klingt bei Maria Müller aber anders: „Ich hatte die Musik. Das hält jung.“ In ihrer Familie sei viel musiziert worden. „Und ich habe mein Leben lang gern gesungen.“ Ihr Bruder habe Posaune und Zither gespielt, der Vater, von Beruf Schneider, griff am Piano in die Tasten und der Sohnemann sowie der Onkel spielten Akkordeon. Im harmonischen Familienleben hatte eines Tradition: Müllers machen Musik. „Mein Mann und ich haben auch gern getanzt. Wir waren auf vielen Festen unterwegs. Wo eine Geige gekratzt hat, da sind wir hin.“
Die 100-Jährige bedauert, dass sie in der Kursana Villa keine Konzerte besuchen kann. „Das bringt mir nichts, ich bin schwerhörig. Geradeso könne sie noch mit zwei Knöpfen in den Ohren Radio hören oder den Ton vom Fernseher verstehen. „Es ist nicht einfach, wenn man so alt wird. Ohne Rollator geht gar nichts mehr. Doch da muss ich durch“, sagt die Königstädterin, die in der Lohnbuchhaltung und in Ingenieurbüros gearbeitet hat. Sie fühle sich zwar nicht allein, bekomme von der Verwandtschaft oft Besuch, aber sie habe sich schon viel zu oft von Menschen verabschieden müssen. „Wenn man 100 ist, sind viele langjährige Freunde tot“, sagt Maria Müller, die seit fast einem Vierteljahrhundert Witwe ist.
Vor einem Jahr hat das Schicksal besonders hart zugeschlagen. „Mein Sohn ist zuhause bei uns die Treppe runtergefallen und gestorben. Das war ein Schlag für mich. Ich kann es gar nicht glauben, manchmal denke ich, er kommt hier zur Tür rein.“ Eigentlich habe der 76-Jährige sie pflegen wollen, „doch jetzt musste ich umziehen zuhause allein, das ging ja nicht mehr. In der Kursana Villa habe sie schon ein paar Bekanntschaften geschlossen und Freunde gefunden. „Die sind alle sehr nett hier. Für mich war das der richtige Weg, jetzt mach´ ich das Beste draus“, sagt sie und wundert sich, warum ihr so viele Fragen gestellt werden. „Ich in der Zeitung? Aber warum denn nicht, die Öffentlichkeit soll ruhig erfahren, dass ich 100 bin“, sagt Maria Müller und lacht laut.

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