Emma Rohr steht an der Spitze des "Heimbeirates". Das Alter nimmt sie mit Gelassenheit.

 
12.07.2020

„Ich verbringe die schönste Zeit meines Lebens hier“

Kriftel. „Ich verbringe die schönste Zeit meines Lebens hier“, schwärmt Emma Rohr, die seit sieben Jahren im Haus St. Sebastian wohnt und sich hier ausgesprochen wohl fühlt. Und es gibt noch einen Grund mit Zuversicht und Freude in die Zukunft zu gehen: Emma Rohr hat jetzt ihren 90. Geburtstag gefeiert.

Die Jubilarin selbst sieht das Alter durch die Brille der Gelassenheit. Nach dieser Maxime habe sie stets gelebt und sei damit auch gut gefahren, sagt sie. Dabei hatte sie es als Jugendliche durchaus nicht leicht. Aufgewachsen in einem Bauernhaus aus dem 18. Jahrhundert im Sudetenland, kann sie sich noch gut an die Zeit vor und nach der Flucht während des Kriegs erinnern. Drei Tage lang seien sie in einem Transport mit bis zu 20 Menschen in einem Wagon gefahren, um an ihren neuen Wohnort, eine für sie fremde Welt, in Mecklenburg zu gelangen. „Selbst mit 16 Jahren war das für mich eine einschneidende Erfahrung, das eigene Zuhause zurücklassen zu müssen“, erinnert sich die 90-Jährige, deren Familie zunächst einmal in einem großen Saal eines Gasthauses untergebracht wurde.

In der neuen Heimat gab sie ihr liebstes Hobby, das Stricken, selbstverständlich nicht auf. „Meine Großmutter hat mir das beigebracht“, sagt Emma Rohr, die in ihrem Leben schon unzählige Jacken und Pullover gestrickt hat. „Bei 50 Paar Socken habe ich irgendwann aufgehört zu zählen“, lacht sie. In Mecklenburg habe sie dann jede Woche einen Pullover für die Russen gestrickt und dafür ein kleines Entgelt erhalten.

Da einer ihrer drei Brüder sich in Mannheim niedergelassen hatte, zog es sie einige Jahre später auch in die Pfalz. Allerdings wurde ihr damals als Minderjährige keine Zuzugsgenehmigung erteilt, von der früher auch die Aushändigung einer Lebensmittelkarte abhing. Sie fand einen anderen Weg und wurde in einem Haushalt in Brühl bei Mannheim angestellt. Durch einen Zufall lernte sie in der Nachbarschaft ihren späteren Mann kennen, der aus russischer Gefangenschaft heimkehrte.

1950 heiratete sie ihren Paul, der 1954 als Mitarbeiter eines Braunkohlekraftwerk-Betreibers nach Heilbronn versetzt wurde. Die inzwischen vierköpfige Familie folgte ihm und wurde später durch eine Tochter komplett. 2007 verstarb ihr Ehemann und seit sieben Jahren ist Emma Rohr im Kursana Haus St. Sebastian in Kriftel zu Hause. Ihre Tochter wohnt in der Nähe.

Emma Rohr schätzt den Austausch mit anderen Senioren im Kursana Domizil. Seit 2014 (mit Unterbrechung) ist sie Vorsitzende des sogenannten Heimbeirates. Dieses Gremium stellt ein wichtiges Bindeglied zwischen den Bewohnern und der Leitung des Kursana Domizils dar. Die Mitglieder – es sind fünf an der Zahl – treffen sich monatlich, um alle wichtigen Angelegenheiten zu besprechen, die die Bewohner betreffen. So wie zum Beispiel den Speiseplan, um hier Wünsche äußern zu können oder aber über die Aktivitäten zu reden.

Über ihren Ehrentag macht sie die 90-Jährige keine Gedanken. „Es ist ein Tag wie jeder andere“, sagt sie und man ist aufgrund ihres zufriedenen Gesichtsausdrucks geneigt, ihr zu glauben.

Zur Übersicht