Tolle Stimmung beim Konzert auf dem Teichplatz. Foto: Jungeblodt

 
03.09.2018

Kursana rockt

Auf dem Teichplatz großes Konzert mit X-Hells.

Auf den Sitzplätzen oberhalb des Meeraner Teichplatzes ist an diesem Sommerabend die Hölle los. Rollstühle sind schließlich kein Hindernis zum Ausflippen. Fortgeschrittenes Alter schon gar nicht.  Auf der Bühne wedeln die Mädels von X-Hells wie die Derwische über die Bretter.  Es dröhnen die Glocken - die Hells Bells bringen das Zentrum der sächsischen Kleinstadt zum Beben. Kursana rockt mit AC / DC - und etwa tausend Konzertbesucher rocken mit.

So wie die 89-jährige Irene Böttger.  „Eigentlich stehe ich ja mehr auf Blasmusik“, sagt die gelernte Textilfacharbeiterin, die seit sechs Jahren im Kursana Domizil lebt. „Dass ich hier bin, verrückt, was? Ein bisschen laut, aber diese Stimmung!“ Um dann schmunzelnd zu ergänzen: „Vielleicht können die Mädels ja mal auf meinem 90. Geburtstag spielen?“ Gar nicht so abwegig, schließlich stand sie ja gerade mit Little Miss Angus, der Leadgitarristin der X-Hells, beim Soundcheck auf der Bühne.  Mit der kleinen Frau in Schuluniform, kurzen Hosen und offener Krawatte. Gewissermaßen mit dem  weiblichen Pendant von Angus Young, der 1973 gemeinsam mit seinem Bruder Malcolm die australische Band AC/DC gründete. Sie gehört sie zu den erfolgsreichsten der Rockgeschichte überhaupt. Und die X-Hells zu den Coverbands in Deutschland, die die Songs der Rock’n’Roll-Legenden im Programm haben.

„Hardrock und Altenheim, das ist ein absolutes Novum in Deutschland. Aber warum eigentlich nicht? Ist doch cool. Viele Bewohner sind in dem Alter der Rockstars, kennen und lieben ihre Musik. Altersheim ist doch nicht nur Chor und Akkordeon.“ Alexa, alias Little Miss Angus, greift ihre Gitarre und ist mit einem Sprung auf der Bühne.

Im Domizil warten Bewohner indes auf die Abfahrt zum Teichplatz. Beim Einsteigen in die Kleinbusse und in den speziellen Transporter für Rollstühle gehen die Mitarbeiterinnen Jennifer Baumgart (32) und Stephanie Thormann (34) den Veteranen hilfreich zur Hand.  Da es für die meisten Bewohner zu anstrengend wäre, das Konzert komplett zu verfolgen, gibt es bei  Bedarf  einen „Schichtwechsel“. Wolfgang Ruby, 84, war auf dem Teichplatz: „Ich wollte schon immer mal auf ein solches Rock-Konzert, dies ist mein erstes gewesen. Und das in einem Altenheim!“ Bewohner Klaus Veith, 70, hat es noch vor sich. „Wer kennt die Musik von AC/DC nicht? Es ist wie eine Rückkehr in die Jugendzeit. Toll, solche Angebote nutzen zu können. Das ist viel abwechslungsreicher als zu Hause.“

Die Busse rollen los. Musik dröhnt. Little Miss Angus,  Leadsängerin Tanya sowie die  anderen Band-Mitglieder feuern einen AC/DC-Hit nach dem anderen ab. Natürlich auch „Highway to hell”, die Hymne der australischen Alt-Rocker. Die Fans singen und tanzen. Mitten unter ihnen Helmut Wiesner, der aus dem benachbarten Schmölln zum Konzert gekommen ist. „Ich bin ein alter AC/DC-Fan. Hut ab, was Kursana hier auf die Beine stellt.“

Ein solches Lob freut auch Andrea Tannert (60), Direktorin des Domizils, die als Veranstalterin alle Fäden in der Hand hält. „Es hört sich ja verrückt an - ein Altenheim organisiert ein Rockkonzert. Aber wenn ein Mick Jagger mit 75 noch auf der Bühne steht, dann ist das doch die Generation, die jetzt bei uns einzieht. Bieten wir ihr also was! Sicherlich ist das ein Riesenaufwand, aber wenn alle Mitarbeiter im Haus ein solches Vorhaben unterstützen, dann klappt es auch.“  Zudem wolle man nach außen hin zeigen, dass man ein junges Unternehmen sei,  das Neues rocken könne - auch für die Bürger der Stadt. „Ein großes Dankeschön gilt den Sponsoren, Behörden der Stadt und natürlich meinen Mitarbeitern für die Hilfe und Unterstützung.“

Nach mehr als zwei Stunden machen sich die Konzertbesucher langsam auf den Heimweg. Die X-Hells verabschieden sich krachend – das Publikum fährt langsam runter. Und Kursana-Bewohner Rolf Großer, 77, wieder in Richtung Domizil. „Ein großartiges Erlebnis, an das ich noch lange denken werde.“

 

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