Elfriede Hauser arbeitete einige Jahre in einem Krankenhaus in Indien. Die Ärztin feierte jetzt ihren 100. Geburtstag.

 
02.03.2022

Ärztin Dr. Elfriede Hauser feiert ihren 100. Geburtstag

Oberursel. Als Ärztin hat sie in Krankenhäusern und in ihrer Praxis vielen Patienten Rezepte ausgestellt, doch gibt es auch ein wirksames Mittel fürs Älterwerden und ein langes Leben? Dr. Elfriede Hauser spricht von den guten Genen, die sie von ihrer Mutter bekommen habe. Und was gibt Kraft und Lebensfreude? „Wir sollten respektvoll und freundlich miteinander umgehen und den Menschen vergeben“, sagt die Medizinerin, die jetzt in der Kursana Villa Oberursel ihren 100. Geburtstag gefeiert hat.

Die Erinnerungen an ein langes und bewegtes Leben mit beruflichen Stationen im Ausland werden langsam wieder wach, wenn die Jubilarin versucht, Antworten auf Fragen zu ihrem beruflichen Wirken und ihrem langen Leben zu finden. Es dauert, doch viele Details, vor allem solche, die mit Emotionen verbunden sind, tauchen im Rückblick der Jahrzehnte wieder auf. „Am 13. Oktober habe ich in Mainz mit dem Medizinstudium begonnen. An dem Tag hatte meine Mutter Geburtstag. Sie ist 93 Jahre alt geworden.“ An der Universität in der Gutenbergstadt hat Elfriede Hauser auch ihren Mann kennengelernt.
Nach dem Ende des Krieges wurden die beiden jungen Mediziner von Amerikanern gefragt, ob sie sich in einer besonderen Mission in Indien engagieren möchten. „Wenn wir für unsere Arbeit bezahlt werden, warum nicht“, dachte sich das „Meenzer Mädsche“. Mit viel Mut und Hoffnung im Gepäck machten sich 1956 beide gemeinsam auf den weiten Weg gen Osten und landeten zunächst in der pakistanischen Stadt Karachi, wo sie in einem Krankenhaus arbeiteten. Später ging es dann erneut im Dienste der amerikanischen protestantischen Freikirche der „Siebenten-Tags-Adventisten“ weiter nach Indien. „Mein Mann und ich haben in Surat ein Krankenhaus aufgebaut.“ Elfriede Hauser erinnert sich, dass es viel zu tun gab in der großen Stadt am Fluss Tapti, nicht nur medizinisch, „sondern mein Mann musste auch viel organisieren und improvisieren“.
Die drei Kinder der Hausers sind 1957, ´59 und ´60 in Pakistan und Indien geboren. „Als wir mit dem ältesten Sohn, der noch ein Baby war, von Karachi nach Indien einreisen wollten, stellten uns die Behörden zunächst kein Visum aus. Wir sollten nachweisen, dass er unser Sohn ist. Uns war schnell klar, was fehlte. Die wollten Bakschisch“, sagt Elfriede Hauser und lächelt. Rund 20 Jahre später, als Familie Hauser wieder zurück in Mainz war, holte sie die Vergangenheit wieder ein. Der älteste Sohn bekam Post aus Pakistan. „Er sollte zum Wehrdienst eingezogen werden. Er hatte ja die pakistanische Staatsbürgerschaft und die deutsche. Den einen Pass hat er dann abgegeben.“
Nach der Rückkehr von Indien in die rheinland-pfälzische Landeshauptstadt zog die fünfköpfige Familie in das Haus ihrer Eltern, in dem sie und ihr Mann ihre erste Arztpraxis eröffneten. „Das große Wohnzimmer haben wir durch eine Wand geteilt, damit wir ein Wartezimmer hatten.“ Später zog das Mediziner-Ehepaar in eine Praxis in Mainz-Gonsenheim um. Auf ihrer Tour d´Horizon anlässlich ihres 100. Geburtstages spricht die Witwe mit keinem Wort über die Freikirche der „Siebenten-Tags-Adventisten“ oder über Religion und doch ist die Nächstenliebe zu den Menschen, das Bedürfnis zu helfen und zu heilen – privat wie beruflich – die Maxime ihres Handels. Die Themen Medizin und Indien ziehen sich wie ein roter Faden durch ihr langes Leben. Sie freut sich über acht Enkel und zwei Urenkel. Der älteste Sohn ist Kardiologe, seine Frau Gynäkologin. „Wir haben einen Neuzugang. Der Jüngste ist erst drei Jahre alt.“ Das Gesicht der 100-Jährigen strahlt.
Auch der Bogen zum großen Subkontinent in Südostasien ist familiär geschlagen, als läge ihren Nachfahren die Liebe zu Indien und den Menschen in den Genen. „Die Enkeltochter hat einen Sikh kennengelernt. Beide haben in Neuseeland geheiratet“, sagt Elfriede Hauser. Der freundliche Mann aus Indien trage Vollbart und das traditionelle Beinkleid der Männer, den Dhoti, der als Pendant zum Sari der Frauen gelte. Wenn die Enkeltochter und ihr Mann sie besuchen, ist das für die Ärztin wie eine Zeitreise, sie kann Englisch sprechen und die Bilder aus Indien werden wieder lebendig.
In der Kursana Villa am Epinayplatz ist Elfriede Hauser seit knapp sechs Jahren zuhause. Die Senioren-Einrichtung habe sie zuvor in der Kurzzeitpflege schätzen gelernt und sich später, als es darum ging, in die Nähe ihrer Tochter zu ziehen, bewusst für das Haus mitten in Oberursel entschieden. „Hier ist meine Heimat“, sagt sie. In der Kursana Villa gab es zur Geburtstagsfeier im kleinen Familienkreis wunschgemäß ein indisches Menü.
Mit den Beschäftigten im Haus, die aus anderen Kulturen und Nationen kommen, spricht sie gern über die Wurzeln ihrer Familien, die Länder und Sitten. Sie nimmt an Kochkursen für gesunde Ernährung teil und macht beim Yoga mit. „Das Gedächtnistraining mit Quiz und so ist eher was für ältere Leute. Das fand ich doof“, so die 100-Jährige, die dann doch ihr Rezept, ein Lebensmotto, verrät: „Deine Stärke ist so groß, wie Deine Kraft“. Und welchen Wunsch hatte sie zum 100. Geburtstag: „Ich hoffe, dass ich gesund bleibe und noch lange hier im Haus wohnen kann.“

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