Beim Verkosten der Salate haben Küchenchefin Agnes Gonther (31) und die Bewohnerinnen Herta Schneider (91, l.) und Christa Heider (85) viel Spaß. ©Kursana

 
16.12.2016

„Essen ist ein Stück Heimat.“

Bei der monatlichen Speiseplanbesprechung mit der Küchenchefin nutzen die Bewohner im Kursana Domizil Oststeinbek ihre Chance zur Mitbestimmung.

Die zwei neuen Salate, die Küchenchefin Agnes Gonther (31) dieses Mal zum Verkosten mitgebracht hat, ernten gleich zu Beginn neugierige Blicke. Wie immer ist bei den Bewohnern des Kursana Domizils Oststeinbek das Interesse an der monatlichen Speiseplanbesprechung groß: Im Dezember stehen die Feiertage ins Haus, da möchten die elf Teilnehmer heute schon wissen, was sie erwartet und ihre Chance zur Mitbestimmung nutzen. „Es ist toll, so viel Feedback zu bekommen und gemeinsam daran zu arbeiten, dass unsere Bewohner mit der Küche zufrieden sind“, sagt Agnes Gonther. „Für unsere Senioren ist das Essen ja auch ein Stück Heimat. Da ist es wichtig, dass ihre Meinung gehört wird.“

Zu Beginn gibt es für die Küchenleitung ein großes Lob von der Heimbeiratsvorsitzenden Herta Schneider, die die Stimmung der 105 Bewohner der Senioreneinrichtung zusammenfasst. „Das Essen hat sich enorm verbessert, bei den zwei Mittagsgerichten, die zur Auswahl stehen, hat jeder etwas gefunden, was ihm schmeckt“, bilanziert die 91-Jährige. Seit dem Sommer gibt es auf Wunsch der Senioren noch mehr Vielfalt bei Obst, Gemüse und Salaten, und vor allem die Eintöpfe kommen gut an. Pro Woche steht ein Bewohnerwunsch beim Mittagessen auf dem Plan. In Oststeinbek favorisieren die Bewohner meist zusätzliche Fischgerichte oder norddeutsche Spezialitäten wie Grünkohl, Birnen, Bohnen und Speck  oder Steckrübeneintopf. Und als Beilage geht ihnen nichts über eine leckere Kartoffel.

„Mit Nudeln, Reis, Pizza oder modernen Asia-Gerichten aus dem Wok können die Bewohner in unserem Haus nichts anfangen“, sagt Agnes Gonther. „Außerdem habe ich mit der Zeit gelernt, die Portionsgröße besser einzuschätzen. Bei der Kriegsgeneration dürfen die Teller nicht zu voll sein. Unsere Senioren rühren das Essen lieber gar nicht erst an als etwas übrig zu lassen.“

Die Küchenchefin hat auch die Erfahrung gemacht, dass sie mit einem kleinen Leckerli wie einem Stück Räucheraal zum Abendessen die Herzen der Bewohner gewinnen kann. „Was halten Sie davon, wenn es sonntags für jeden auch einen Mini-Croissant zum Frühstück gibt“, fragt sie in die Runde und erntet große Zustimmung. Oft hilft ihr bei der Vielfalt der Meinungen aber nur ein Kompromiss: So gibt es Sauerkraut und Ananaskraut im Wechsel, und zu Fischgerichten wird abwechselnd Creme fraiche und Dillsauce gereicht. Auch beim warmen Extra zum Abendessen, das es einmal pro Woche gibt, schlagen die Wellen hoch:  Wer Probleme mit den dritten Zähnen hat, bevorzugt Eierpfannkuchen. Die anderen lieben Weißwurst.

„Bei 105 Leuten kann man es nun einmal nicht allen recht machen“, meint Bewohnerin Doris Hildebrecht (80). „Und wenn Bratkartoffeln oder Kartoffelpuffer unter der Wärmelampe warm gehalten werden müssen, machen sie schlapp. Das ist leider nicht zu ändern.“ Umso wichtiger ist es Agnes Gonther da zu reagieren, wo sie als Managerin in einer Großküche Spielraum hat. Als die Senioren beim perfekten Butterkuchenrezept ins Fachsimpeln kommen, verspricht sie das Rezept von Bewohnerin Elfriede Hauschild (88) nachzubacken. „Mit Butterflocken und Mandeln – ach, ich sehe das Blech schon vor mir“, schwärmt Annemarie Grohnert (92).

Besonders gut kommt auch das Verkosten an: Agnes Gonther hat den Senioren schon verschiedene Brot-, Apfel- und Aufschnitt-Sorten zum Probieren mitgebracht. Der Käse- und der Hirtensalat kommen heute gleich gut an und werden an verschiedenen Tagen in den Speiseplan aufgenommen. Am Ende sind alle Bewohner miteinander ins Gespräch gekommen und tauschen lebhaft Erinnerungen an früher aus. Essen hat bei Senioren viel mit Stimmung zu tun, hat Agnes Gonther erfahren.

„Ich habe schon manches Mal ganz schön was einstecken müssen und erst mit der Zeit gelernt, das nicht persönlich zu nehmen“, sagt sie. „Aber es ist toll, mit den Menschen so direkt in Kontakt zu sein. Früher habe als Köchin in einer Hochschulkantine nie eine Rückmeldung bekommen. Damit möchte ich nie mehr tauschen.“

Zur Übersicht