Die drei Senioren Ludwig Berth, Karlheinz Arnold und Bernhard Bindemann (von links) hatten einen außergewöhnlichen Fußballabend im Stadion am Böllenfalltor. Begleitet wurden die Senioren des Kursana Domizils Otzberg von Direktor Thorsten Fitz (Mitte h

 
23.10.2017

Senioren erleben Lilien hautnah

Otzberg. Lautstarke Fangesänge, Trommelwirbel, SV Darmstadt-Rufe aus vielen Tausend Kehlen und ein packendes, torreiches Spiel, in dem die Keeper der Lilien und aus Nürnberg insgesamt sieben Mal den Ball aus dem Netz holen müssen. Das Zweitligaspiel am Böllenfalltor, bei dem sich Darmstadt 98 gegen die Mittelfranken mit vier zu drei geschlagen geben muss, war für Karlheinz Arnold, Ludwig Berth und Bernhard Bindemann ein beeindruckendes Erlebnis. Die drei Senioren aus dem Kursana Domizil Otzberg durften auf Einladung von Darmstadt 98 im Merck-Stadion in der ersten Reihe sitzen und die Partie am Spielfeldrand hautnah miterleben.

Wer schon so viele Geburtstage gefeiert hat, wie die Senioren aus der Pflegeeinrichtung in Otzberg, der erlebt nicht jeden Tag etwas Neues. Das Trio aus Lengfeld kennt das Stadion am Böllenfalltor, „da hatten die Lilien noch keine Tribünen hinter den Toren“, sagt Karlheinz Arnold, der früher selbst gekickt hat. Und Ludwig Berth erinnert sich auch noch daran, als die Zahlen auf der Anzeigetafel des Spielstandes von Hand umgeklappt wurden. Heute ist alles anders. Es ist lauter im Stadion, auf der Bande wird die Werbung in bewegten Bildern gezeigt und der Sportplatz ist zu einer gigantischen Sport-Arena geworden, in der im Spiel Darmstadt gegen Nürnberg Blau gegen Rot auf grünem Untergrund kämpfen.

Auch wenn die drei Senioren aus dem Kursana Domizil vom Alter her genau 248 Jahre auf dem Buckel haben, fußballerisch alte Hasen sind und schon miterlebt haben, wie Mittelstürmer Rudi Koch in der Saison 1972/73 beim Regionalliga-Aufsteiger SV Darmstadt 98 rekordverdächtige 25 Saisontore erzielte, gibt es beim jüngsten Zweitligaspiel für das Trio etwas, was sie noch nie erlebt haben.

Nein, nicht die Produkt-Platzierung der Sponsoren auf dem riesigen LED-Bildschirm. Neben den zweimal elf Spielern und den beiden schwarzgekleideten Männer an der weißen Linie, die ab und an ganz schnell eine Fahne hochheben, hat eine Frau auf dem Sportplatz in Darmstadt das Sagen: Alle tanzen nach der Pfeife von Bibiana Steinhaus, die erste Frau, die im deutschen Profifußball Männer-Spiele leitet. Eine Frau als Unparteiische, das ist für die ältere Generation eine Revolution im Fußball.

Aber okay. „Die pfeift echt gut“, sagt Karlheinz Arnold und seine beiden Freunde aus dem Kursana Domizil Otzberg, die neben ihm Rollstuhl sitzen, nicken. Dass die Lilien am Ende den Kürzeren ziehen und den Spieltag ohne Punkte im eigenen Stadion beenden, ist den Senioren aus Otzberg nicht so wichtig. Für sie zählt nicht das Ergebnis, sondern das Erlebnis.

Das Trio im Alter von 72, 87 und 89 hat einen spannenden Fußballabend erlebt und sich gern von Thorsten Fitz, Direktor der Pflegeeinrichtung, mit Bier und Bratwurst verpflegen lassen. Fitz ist voll des Lobes für Darmstadt 98. Ein Anruf beim Behindertenbeauftragten Tomas Vollmar und ein gutes Gespräch hätten gereicht. Zehn Minuten später hatten wir die Einladung, mit einigen Senioren das Spiel zu besuchen. „Auch wenn die Partie verlorenging, war der Fußballabend ein großer Gewinn für unsere Senioren“, sagt Kursana-Direktor Torsten Fitz.

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