Freuen sich über die gemeinsame Zeit: Bewohnerin Ingrid Scheid mit Betreuerin „Meli“ Pepic und Tochter Nicola Buchholz. Bild: Kursana

 
10.11.2020

„Besuche sind einfach so wichtig“

Die Mitarbeiter der Sozialen Betreuung im Kursana Domizil haben mit dem aufwändigen Besuchsdienst alle Hände voll zu tun, um den Bewohnern bei größtmöglicher Sicherheit und immer neuen Besuchsregeln den persönlichen Kontakt zu ihren Verwandten zu ermöglichen.

Pullach im Isartal. Das Telefon steht nicht still. Familienangehörige der Bewohner des Kursana Domizils rufen an, um Besuchstermine zu vereinbaren. Zurzeit sind es besonders viele, denn aus Angst vor einem erneuten Besuchsverbot wollen sie die aktuellen Möglichkeiten noch nutzen. Bis vor ein paar Tagen kamen täglich zehn bis 15 Besucher ins Haus, streng koordiniert und kontrolliert. Für die Mitarbeiter der Sozialen Betreuung bedeutet dies – zusätzlich zu ihren normalen Aufgaben – seit Monaten mehr Arbeit, viel Lauferei und ein stets wachsames Auge auf die Einhaltung der Hygienemaßnahmen und Besuchsregeln.

Eine der Besucherinnen ist Nicola Buchholz. Ihre Mutter Ingrid Scheid (81) lebt seit rund dreieinhalb Jahren im Kursana Domizil Pullach. „Ich bin sehr froh, dass es möglich ist, sie zu besuchen“, sagt sie. Nur ungern denkt sie an den Lockdown im Frühjahr zurück. „Es war sehr belastend, nicht zu wissen, wie es meiner Mutter geht. Nicht selbst nach ihr schauen zu können, auch wenn ich ab und zu mit der Station telefoniert habe“, erinnert sie sich. „Zum Glück wurden nach einigen Wochen Tablets angeschafft, dann konnten wir telefonieren und uns per Video sehen. Oft saßen wir alle zusammen im Wohnzimmer.“ Mit Ehemann, Tochter und Sohn lebt Nicola Buchholz in Berlin. Alle fünf bis sechs Wochen kommt sie jetzt für ein verlängertes Wochenende in ihre Heimatgemeinde Pullach, um Zeit mit ihrer Mutter zu verbringen. „Auch meiner Mutter ist das sehr wichtig.“ Dank der Herbstferien in Berlin, ist sie diesmal sogar eine Woche vor Ort und genießt die täglichen Spaziergänge mit ihrer Mutter und die gemeinsam Zeit.

Sicherheit hat oberste Priorität

Besuche im Kursana Domizil sind nur nach telefonischer Anmeldung möglich. Wochentags zwischen 10 und 16 Uhr, mit genauer Angabe von Dauer und Art des Besuchs. Während im Sommer eigens dafür zwei Pavillons vor dem Haus und im Garten aufgestellt wurden, schaffte Direktor Vlado Bjelkanovic im Herbst eine Möglichkeit für Begegnungen im Haus. „Es ist einfach sehr wichtig, das soziale Kontakte stattfinden können“, betont er. Ein großes Büro wurde durch hohe Plexiglaswände zu einem Besuchsraum mit drei getrennten Sitzecken umfunktioniert.

Betreuung und Pflege arbeiten Hand in Hand

„Für jede der drei Stationen haben wir ein oder zwei Kollegen, die sich täglich nur um die Besuche kümmern“, sagt Mvljude „Meli“ Pepic (61) von der Sozialen Betreuung. Jeden Morgen besprechen die Mitarbeiter der Sozialen Betreuung, welche Besuche und welche Aktivitäten für die Bewohner anstehen. Pepic kümmert sich an diesem Tag auch um den Besuch von Ingrid Scheid. „Zur vereinbarten Besuchszeit warte ich am Eingang, informiere die Besucher über unsere Hausregeln, lasse einen Besucher-Anmeldebogen unterschreiben und messe Fieber“, erklärt Pepic. Erst danach führt sie heute Nicola Buchholz mit Maske und auf Abstand in den Besuchsraum. Gleichzeitig haben die Kollegen von der Pflege ihre Mutter schon vorbereitet, so dass Pepic diese gleich in ihrem Zimmer abholen und zu ihrer Tochter bringen kann.„Es kommt auch vor, dass die Pfleger mal anderweitig beschäftigt sind. Dann unterstützen wir die Bewohner beim Anziehen, oder helfen uns gegenseitig, wenn es eng wird“, erzählt Pepic. Denn an diesem Tag zum Beispiel betreut sie fünf Besuche, ihre Kollegin von einer anderen Station acht. Während Mutter und Tochter sich begrüßen und unterhalten, eilt die Betreuerin schon weiter, um den nächsten Besuchstermin vorzubereiten.

Erster Lockdown war eine große Belastung

„Das Frühjahr war eine schlimme Zeit, als die Bewohner monatelang keinen Besuch haben durften“, erinnert sich auch „Meli“ Pepic. Die Bewohner waren sehr traurig und stellten viele Fragen. Mit den Tablets wurde es besser, jedoch mussten die Anrufe zeitlich begrenzt werden, damit jeder Bewohner zu Zug kam. Als Besuche wieder erlaubt waren, folgte ein großer Ansturm. „Am Anfang waren es so viele Besucher, wir mussten nur rennen. Am Abend hatte ich oft keine Kraft mehr für gar nichts“, erinnert sich Pepic. „Der Stress und die Angst aus der Anfangszeit hat sich aber inzwischen etwas gelegt. Es ist ruhiger geworden und ich habe mich daran gewöhnt.“ Und wie geht es den Bewohnern? „Die fühlen sich mit den Besuchen ihrer Angehörigen wieder viel wohler“, freut sie sich mit.

Auch bei Familie Buchholz in Berlin war die Freude groß, als wieder Besuche erlaubt wurden. Statt nach Griechenland zu fahren, verbrachten sie in diesem Jahr ihren zweieinhalbwöchigen Sommerurlaub in Bayern. Mit regelmäßigen Besuchen bei Ingrid Scheid unterm Pavillon im Kursana Domizil Pullach. „Als meine Mutter im Juli Geburtstag hatte, durften wir sogar in den Demenz-Garten und Kaffee und Kuchen mitbringen. Das war richtig schön,“ ist Nicola Buchholz dankbar. „Die Mitarbeiter der Sozialen Betreuung sind alle sehr freundlich und zugewandt. Sie versuchen uns so gut es geht in allem entgegen zu kommen.“ Dabei müssten sie auch oft mal mit Fingerspitzengefühl auf die Einhaltung der Regeln pochen, wie sie beobachten konnte, was sicher nicht einfach sei. „Aber sie machen das sehr gut.“   

Das sehen viele Angehörige ähnlich. „Die Angehörigen sind so lieb und nett“, schwärmt Pepic. „Sie bedanken sich, dass wir so geduldig sind und uns Zeit nehmen, damit sie ihre Angehörigen besuchen dürfen. Sie sind so froh, dass sie zu ihren Angehörigen dürfen. Sie sehen, dass wir die ganze Zeit so viel zu tun haben.“ Das lobt auch auch Direktor Vlado Bjelkanovic: „Die Kolleginnen in der Sozialen Betreuung sind sehr engagiert!“

Manche Bewohner möchten keinen Besuch

Neben dem Besuchsdienst sorgen die Mitarbeiterinnen der Sozialen Betreuung für möglichst viel Abwechslung. „Wir versuchen, die Bewohner zu beschäftigen, zum Beispiel mit Bastelstunden, Stuhltanz und einer morgendlichen Zeitungsrunde“, erzählt Pepic. Auch viele Bewohner wollen wissen, welche Neuigkeiten es zum Thema Corona gibt, wie die aktuellen Zahlen lauten und ob es weitere Nachrichten gibt. „Manche Bewohner bekommen die Coronakrise nicht mehr so ganz mit“, sagt die Betreuerin. „Da ist die Vergesslichkeit auch manchmal ganz gut.“ Andere könnten das Wort „Corona“ schon nicht mehr hören, wieder andere hätten Angst. „Viele Bewohner haben gesagt, sie möchten gar keinen Besuch, keinen Kontakt haben, so lange die Situation so ist.“

Besuchsregeln werden laufend angepasst

Die weiter steigenden Coronazahlen zwangen Direktor Vlado Bjelcanovic jedoch, die Besuchsregelungen vor einigen Tagen wieder einzuschränken. Zurzeit darf maximal ein Besucher pro Bewohner pro Woche ins Haus. „Wir haben zwei Gefahrenquellen, die wir im Augen behalten müssen, damit das Virus nicht ins Haus gelangt“, sagt Bjelcanovic. „Die Mitarbeiter und die Besucher.“ Ein wichtige Ausnahme gibt es natürlich: Wird ein Bewohner palliativ behandelt, liegt im Sterben, dürfen Familienmitglieder ohne zeitliche Beschränkung zu Besuchen ins Zimmer. Auch von mehreren Angehörigen, ab er einzeln und nacheinander.

Mehr Sicherheit durch Schnelltests

In zwei, drei Wochen rechnet der Direktor mit der Lieferung von Schnelltests. Dann wird zusätzlich zu den regelmäßigen Tests für Mitarbeiter jeder Besucher vor dem Betreten der Einrichtung von eigens dafür geschulten Fachkräften auf eine Coronainfektion getestet. „Das ist ein super Sache“, betont Bjelkanovic.

Nicola Buchholz versucht ihren Blick auf die positiven Aspekte zu richten: „Das Schöne – jetzt in dieser Situation – ist, dass meine Mutter hier von vertrauten Menschen umgeben ist und einen verlässlichen Tagesablauf hat.“ Ihr ist es wichtiger, was zurzeit möglich ist, als das, was verloren gegangen ist. Früher leistete sie ihrer Mutter gerne Gesellschaft beim Mittagessen im Kursana Domizil, konnte mehr an ihrem Leben teilhaben, sah auch mal im Zimmer und Kleiderschrank nach dem Rechten. Jetzt treffen sie sich im Besucherraum oder im Freien, immerhin.

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