Im Mittelpunkt steht immer der Mensch: Wohnbereichsleiterin Emilija Vlaho genießt nicht nur die Zeit mit ihrer Familie, sondern auch die tolle Zusammenarbeit mit ihrem Team und den Alltag mit zufriedenen Bewohnerinnen und Bewohner. Foto: Kursana

 
30.11.2022

Mit Gelassenheit, Liebe und viel Humor

Von der Friseurin zur Wohnbereichsleiterin im Kursana Domizil Pullach: Emilija Vlaho (54) hat in der Pflege von Menschen mit Demenz ihre Berufung gefunden.

Pullach. „Hier ist mein zweites Zuhause. Ich fühl mich einfach wohl“, lacht Emilija Vlaho gut gelaunt. Seit ihrem ersten Arbeitstag vor mehr als 22 Jahren kümmert sie sich im beschützten Wohnbereich des Kursana Domizils um Menschen mit Demenz, seit 2008 als Wohnbereichsleiterin. „Wenn ich morgens komme, wissen die Bewohner zwar nicht meinen Namen und viele können nicht sprechen, aber die Freude, mit der sie mich anschauen, sagt alles. Ich schmelze einfach dahin und bin für sie da.“ Mit ihrem zwanzigköpfigen Team umsorgt sie rund um die Uhr 34 Bewohner im Alter von 56 bis 99 Jahren.

Alles begann im Jahr 2000. Als junge Mutter von drei kleinen Kindern konnte sie nicht zurück in ihren erlernten Beruf als Friseurin, der Arbeitszeiten wegen. Eine Freundin empfahl ihr, in der Pflege zu Schnuppern. Es gefiel ihr auf Anhieb und auch ihr Mann sagte: „Mach es!“. Also begann sie in Pullach als Pflegehilfskraft und startete nach einem Jahr die dreijährige Altenpflege-Ausbildung. Es folgten Weiterbildungen zur Wohnbereichsleiterin, Pflegedienstleitung und vor einigen Jahren noch zur Gerontopsychiatrischen Fachkraft.

Emilija Vlaho ist im kroatischen Mostar bei ihren Großeltern aufgewachsen. Mit zwölf Jahren zog sie mit ihrem Bruder zu ihren in Heilbronn lebenden Eltern. Dort schloss sie die Schule ab, machte eine Ausbildung zur Friseurin und heiratete einen Münchner. Mit ihm zog sie in die Isarmetropole und bekam eine Tochter und zwei Jungs, Zwillinge, die heute 27 und 25 Jahre alt sind. Ihre Familie ist ihr sehr wichtig und sie genießt es, dass alle in München leben und sie auch viel Zeit mit ihrem inzwischen 8-jährigen Enkel verbringen kann. Sobald sie allerdings Urlaub hat, geht sie ihrer anderen großen Leidenschaft nach: Sie fährt ans Meer. „Da tanke ich auf. Das ist alles, was ich brauche.“

Beruflich ist der Demenz-Bereich ihre Welt. Ihr ist es wichtig, dass die Bewohnerinnen und Bewohner trotz der Erkrankung ihre volle Anerkennung bekommen. „Wir passen uns ihnen an und machen alles mit ihnen mit. So funktioniert’s“, erzählt sie. „Man kann auch mal um 10 Uhr rasieren und sich erstmal gemeinsam hinsetzen und reden.“ Deshalb hat sie auch keinen vorgefertigten Tagesplan. „Erst wenn morgens die Tür aufgeht, weiß ich, was auf mich zukommt.“

Emilija Vlaho ist stolz darauf, was sie mit ihrem Team in den vergangenen Jahren geschafft hat. „Wir haben sehr viel selbst gestaltet, gemeinsam Konzepte erarbeitet und sie dann stufenweise ausprobiert.“ Es sei ein langer Weg gewesen, aber der Erfolg gibt ihnen recht. „Wir haben keine einzige Fixierung, weder im Bett noch im Rollstuhl. Alle Bewohner sind mobil und gehen regelmäßig draußen spazieren. Sie können Tag und Nacht laufen, das stört niemanden. Wir bringen sie dann ins Bett, geben ihnen Essen. Medikamenten sind sehr reduziert.“ Und es wurde sogar ein Raucherzimmer eingerichtet, in dem sich die Bewohner mit Begleitung zu Rauchpausen treffen. „Wenn sie als Raucher hier einziehen, würden sie nicht verstehen, warum sie plötzlich damit aufhören sollen.“ Und einfach raus gehen wie andere, können sie auch nicht.

Aggressives Verhalten, von dem viele Angehörigen und Klinikpersonal im Vorfeld berichten, hat sie in all den Jahren nicht erlebt. „Wenn neue Bewohner einziehen, lassen wir sie erst einmal ein paar Tage in Ruhe ankommen. Wir lassen sie, wie sie sind. Wir beobachten, knüpfen langsam Kontakt. Und dann sehen wir, wie die Distanz langsam schwindet, man sich näher kommt, sich vielleicht auch mal umarmt. Das tut dann den Bewohnern gut, und uns auch.“ Ihr Rezept: Viel Geduld, viel Liebe, viel Lachen. Und immer Augenkontakt.

Zur Wohnbereichsleiterin machten sie übrigens vor vierzehn Jahre ihre Kolleginnen und Kollegen. Als die Stelle frei wurde, ging jeder einzeln zur damaligen Pflegedienstleitung und schlug sie als neue Chefin vor. „Ich wusste das nicht. Sie haben gesagt, Du musst das machen, Dein Team will Dich haben.“ Sie hatte also keine andere Wahl als sich zu bewerben und die Stelle anzunehmen. Der Zusammenhalt im Team ist groß. „Wir unternehmen viel zusammen, gehen regelmäßig zum Abendessen und sprechen uns aus, wenn mal etwas ist.“ Auch der Dienstplan ist kein Problem. Braucht jemand frei, springen andere ein. „Das zeigt sich auch bei den Krankmeldungen. Bei uns meldet sich selten jemand krank“, freut sich Emilija Vlaho. Und viele der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind schon viele Jahre im Team, drei so wie Vlaho bereits seit mehr als 20 Jahren.

Selbst in Krisenzeiten wie Corona standen sie zusammen und haben gemeinsam versucht, das Beste daraus zu machen. „Die Bewohner durften keine Besuche haben, wir waren für sie die einzigen Kontaktpersonen. Und wir selber durften uns auch nicht viel frei bewegen, nur mal einkaufen.“ So haben sie dann gespielt, gesungen, Disco-Abende veranstaltet. Und das Team hat sie Essen bestellt, um wenigstens auf der Station zusammen zu essen. „Ich bin ein geselliger Mensch. Ich brauche einfach die Leute um mich herum.“ Deshalb freut sie sich auch jeden Morgen auf die Kollegen, die Bewohner, auf das Haus. Sie lacht. „Ich denke, ich werde auch bis zur Rente hier bleiben.“

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