Mit Herzlichkeit und Einfühlungsvermögen versteht es Sportlehrerin Nesrin Yasar-Ziegler, die demenziell erkrankten Bewohner in der Kursana Villa Reinbek zu motivieren. ©Kursana

 
26.02.2019

„Auf emotionalem Pfad unterwegs“

Sporttrainerin Nesrin Yasar-Ziegler bietet über die TSV Reinbek in der Kursana Villa Reinbek ein Bewegungsangebot speziell für Demenzkranke an.

Allen 16 Teilnehmern beim Bewegungsangebot für demenziell Erkrankte in der Kursana Villa Reinbek schüttelt Nesrin Yasar-Ziegler zu Beginn die Hand und begrüßt sie mit Vornamen und ein paar persönlichen Worten. Den herzlichen Kontakt zu ihrer Sportlehrerin, die im Rahmen der Kooperation mit der TSV Reinbek seit Oktober 2018 immer donnerstags für eine Stunde ins Haus kommt, wissen die Bewohner zu schätzen. Gleich beim ersten Schlager springt eine Dame freudig auf und tanzt. Die anderen Teilnehmer in der Runde, von denen einige im Rollstuhl sitzen, lassen sich durch persönliche Ansprache ihrer Trainerin zu ersten kleinen Bewegungen anspornen. Zu bekannten Liedern aus ihrer Jugendzeit schwingen sie die Arme, machen mit den Händen Greifbewegungen oder treten mit den Füßen auf der Stelle.

„Es ist wissenschaftlich belegt, dass bei kognitiv eingeschränkten Menschen über die Musik Erinnerungen und damit verbundene positive Gefühle wach gerufen werden können“, sagt Nesrin Yasar-Ziegler, die seit zwanzig Jahren als Heilpraktikerin und Lehrerin mit Schwerpunkt Reha-Sport tätig ist und sich in beiden Bereichen auf die Arbeit mit Senioren spezialisiert hat. „So können auch Bewohner mit fortgeschrittener Demenz manches Mal die Texte der Lieder mitsingen und beginnen, sich im Rhythmus zu wiegen. Diese Impulse greife ich auf und baue sie in kleine Bewegungsfolgen ein.“ Statt ein starres Konzept zu verfolgen, sei sie „auf emotionalem Pfad unterwegs“, erklärt Nesrin Yasar-Ziegler. „Ich schaue, wo jeder Teilnehmer steht und versuche, ihn genau dort abzuholen.“

Mit der Zeit werden die Gesichter der Teilnehmer gelöster, die meisten sind aufmerksam bei der Sache. Eine zweite Dame möchte mit Nesrin Yasar-Ziegler zum beliebten Kufstein-Lied tanzen, mehrere strecken ihr die Arme entgegen, um Hand in Hand mit ihr im Rhythmus zu schunkeln. Als die Trainerin Deuserbänder verteilt, fühlen sich besonders die drei Herren in der Runde angesprochen. Ein Bewohner, der bisher nicht mitmachen wollte, spannt das Band energisch zwischen seinen Händen. „Sie haben aber ordentlich Kraft“, ruft ihm Nesrin Yasar-Ziegler zu und bringt ihn mit dem Lob zum Strahlen. Fortan steigt er engagiert bei den Bewegungen mit ein.

Als besondere Herausforderung stellt sich für manche Teilnehmer heraus, einen Beutel mit getrockneten Erbsen in der Runde weiterzugeben. Viel mehr Freude macht es, mit dem Beutel im Takt der Musik zu rascheln. Nesrin Yasar-Ziegler nimmt auch diesen Impuls dankbar auf, wirft den Beutel anderen Bewohnern zu und animiert sie zum Rascheln. Als zum Ende der Stunde einige Kinderlieder gespielt werden, horcht eine Dame auf, die den Großteil der Stunde verschlafen hat. „Kommt ein Vogel geflogen“ singt sie fehlerfrei mit leuchtenden Augen. Zum Abschlusswalzer, zu dem zwei Paare das Tanzbein schwingen,  übernimmt sie in ihrer Sofaecke das Dirigieren.

„Ich bin jedes Mal davon berührt, wie viel Potenzial bei den demenzkranken Menschen vorhanden ist“, sagt Nesrin Yasar-Ziegler zum Abschluss der Stunde. „Wenn ich hier erlebe, wie die Bewohner aufblühen und eine gute Zeit haben, gehe ich sehr zufrieden nach Hause.“

Zur Übersicht