Beim konzentrierten „Arbeiten mit Farben“ entdecken die hochbetagten Bewohner in der Kursana Villa Reinbek ihre Kreativität. ©Kursana

 
26.08.2019

Beim Malen kommen die Erinnerungen

Durch das therapeutische „Arbeiten mit Farben“ entdecken hochbetagte Bewohner in der Kursana Villa Reinbek ihre Kreativität.

Helga Schreiber legt sich das Bild eines leuchtend gelben Zitronenfalters zurecht und sucht im Buntstiftkasten die passenden Farben heraus. „Ich konnte schon in der Schule nicht gut malen, deshalb habe ich mir eine Vorlage gesucht“, sagt die 91-Jährige. Als Mitbewohner Georg Kuri im Rollstuhl in den Aktivitätenraum gebracht wird, greift er gleich zu Tuschkasten und Pinsel: Heute möchte der 86-Jährige das in der vorigen Stunde begonnene Bild vervollständigen und seinem bunten Fantasiefalter mit einer Vielzahl von Farben den zweiten Flügel gestalten.

Sieben weitere Bewohner finden sich zum therapeutischen „Arbeiten mit Farben“ in der Kursana Villa Reinbek ein, bei dem derzeit das Thema „Insekten“ bearbeitet wird. Betreuungskraft Joung-A Lee, die vor ihrer Ausbildung zur Seniorentherapeutin Kunst studiert hat, reicht Bilder von Bienen, Marienkäfern und Libellen herum und spricht Mut zu. „Die typischen Merkmale dieser Tiere sind ein dreigliedriger Körperbau und sechs Beine, aber bei uns gibt es kein richtig oder falsch. Probieren Sie einfach ein bisschen aus und erfinden Sie Ihr eigenes Tier“, sagt die 58-Jährige.

Seit dreieinhalb Jahren findet der einstündige Kurs einmal wöchentlich statt, die Themenfelder werden in mehreren Sitzungen vertieft. „Wir beschäftigen uns mit Blumen, dem Wald oder dem Meer. Da die Senioren nicht mehr so häufig rauskommen, gehen wir in Gedanken in die Natur“, erzählt Joung-A Lee. „Nicht das Resultat steht im Vordergrund, sondern der kreative Schaffensprozess. Ich erlebe häufig, dass bei der konzentrierten Arbeit die gesundheitlichen Einschränkungen in den Hintergrund treten. Oftmals  werden beim Malen auch Erinnerungen wach, und die Bewohner beginnen von früher zu erzählen.“ Heute berichtet Georg Kuri seinen Mitbewohnern von seinen Besuchen im „Schmetterlingsgarten“ in Friedrichsruh. „Da gibt es Falter in allen Farben, und manchmal landen sie sogar auf der eigenen Hand, so dass man sie genau betrachten kann“, erzählt er und strahlt.

Neben den kognitiven Fähigkeiten trainiert das Malen auch die Motorik der Senioren. Ein Bewohner, der nach einem Schlaganfall halbseitig gelähmt ist und sich verbal nur schwer mitteilen kann, nutzt die Farben, um seinen Gefühlen Ausdruck zu verleihen. Heute tuscht er vorwiegend Himmelblau aufs Papier und freut sich über die Wertschätzung von Joung-A Lee, die am Ende alle Bilder zum gemeinsamen Betrachten in die Mitte des Tisches legt. „Mit der Zeit entwickelt jeder von uns beim Gestalten seine eigene Handschrift“, sagt sie. Auch Helga Schreiber ist mit ihrem Bild zufrieden. „Aus mir wird wohl keine große Künstlerin mehr werden“, meint sie schmunzelnd. „Aber die Arbeit mit Farben macht mir großen Spaß. Ich habe in diesem Kurs gelernt, beim Malen keine Hemmungen mehr zu haben.“

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