Bewohnerin Ilse Fuhrmann (96) aus der Kursana Villa Reinbek weiß die zugewandte, freundliche Art der FSJlerin Lili Elvers (16) zu schätzen. ©Kursana

 
14.04.2021

Der Sonnenschein der Senioren

Durch ein Freiwilliges Soziales Jahr in der Kursana Villa Reinbek hat Lili Elvers (16) aus Hamburg-Bergedorf ihren Traumberuf in der Altenpflege gefunden.

Sorgfältig kämmt Lili Elvers der 96-jährigen Ilse Fuhrmann nach dem morgendlichen Waschen und Ankleiden die Haare und sucht der Bewohnerin der Kursana Villa Reinbek einen leichten geblümten Schal aus dem Schrank. „In Ihrer Lieblingsfarbe Rosa“, betont die 16-jährige Bergedorferin, die seit sieben Monaten ein Freiwilliges Soziales Jahr in der Senioreneinrichtung absolviert und im Kontakt mit den Bewohnern stets eine FFP2-Schutzmaske trägt. „Hast du schon wieder diesen ollen Plünnen im Gesicht“, meint die Seniorin lachend, als ihr Lili das Tuch um die Schultern legt. Die beiden Frauen, die 80 Lebensjahre trennen, haben bei den mittlerweile vertrauten Handgriffen ihren Spaß miteinander. „Bei uns stimmt die Chemie“, sagt Ilse Fuhrmann, die keine Angehörigen mehr hat. „Lili ist ein liebes Mädchen, auf das ich mich verlassen kann. Dass sie mich in dieser schweren Corona-Zeit unterstützt und oft ein bisschen Zeit mitbringt, ist ein Geschenk des Himmels.“

Durch ihre gewissenhafte und zugewandte Art ist Lili Elvers, die anfangs zwei Wochen lang durch eine erfahrene Fachkraft in die Aufgaben einer Pflegehelferin eingearbeitet worden ist, bei allen zwanzig Bewohnern des Wohnbereiches beliebt. In Zeiten der Kontaktbeschränkungen wissen sie zu schätzen, dass der Teenager sie nicht nur bei der Körperpflege unterstützt, die Betten bezieht, Essen serviert und sie auf den Wegen durchs Haus begleitet. Lilis großes Plus ist, dass sie leidenschaftlich gern zuhört und viel aus dem Leben der Senioren erfahren möchte. Deshalb setzt sie sich oft in ihrer Mittagspause oder nach Feierabend für ein Gespräch zu einem der Bewohner. „Ich mag alte Menschen und habe schon immer ihre Nähe gesucht“, sagt die junge Frau, die im Sommer vergangenen Jahres auf dem Bergedorfer Luisengymnasium die zehnte Klasse mit dem Realschulabschluss abgeschlossen hat. Statt weiter zur Schule zu gehen und das Abitur zu machen, hat sie sich kurzfristig für das Freiwillige Soziale Jahr entschieden. „Ich brauchte eine Pause, weil mich das Lernen unter Corona-Bedingungen zuhause überfordert hat. In die Pflege zu gehen war die beste Entscheidung, die ich treffen konnte.“

Ihr Herz für die Altenpflege hat Lili Elvers schon als zehnjährige Schülerin entdeckt: Damals hatte sie über das Bergedorfer Jugendzentrum „Lichtwarkhaus“ einen Tag lang das Leben in einer Pflegeeinrichtung kennengelernt. „Für mich war überraschend, dass die Bewohner dort so fröhlich und guten Mutes waren“, erinnert sie sich. „Ich war ein eher ängstliches Kind und hatte nach dem Tod meines Opas viel über das Alter und das Sterben nachgedacht. Es war schön, dass sich das Heim damals für mich wie ein sicherer Ort angefühlt hat.“ Angesichts der Corona-Pandemie wollte Lili Elvers im vergangenen Jahr etwas Sinnvolles tun und alte Menschen unterstützen. Durch die Krise sei eine große Verbundenheit mit den Bewohnern entstanden, erzählt sie. „Ich bin durch diese Zeit reifer geworden und habe durch die vielen Gespräche eine andere Denkweise bekommen: Einige Bewohner mussten in ihrem Leben schon so viele Hürden und Schicksalsschläge bewältigen und haben niemals aufgegeben. Sie sind meine Vorbilder und machen mir Mut, meinen eigenen Weg zu gehen.“

Für Lili Elvers besteht kein Zweifel daran, dass sie in der Altenpflege ihren Traumberuf gefunden hat und am liebsten im Herbst in der Kursana Villa Reinbek in die generalisierte Ausbildung zur Pflegefachfrau starten möchte. Doch noch steht ihr bei diesen Plänen ein großes Hindernis im Weg: Sie ist im Laufe ihres Lebens schon mehrfach in Ohnmacht gefallen, sobald sie Blut gesehen hat und fürchtet sich schon jetzt davor, eines Tages selbst bei Bewohnern den Blutzuckerwert messen zu müssen. „Wir überlegen gemeinsam, wie wir Lili bei diesem Problem unterstützen können“, sagt Direktorin Maren Brickwedel, die ihre FSJlerin liebend gern als Auszubildende weiterbeschäftigen möchte. „Ich habe noch nie erlebt, dass ein so junger Mensch so empathisch ist. Lili lebt Pflege und gehört einfach in diesen Beruf. Wenn sie nur einen Tag nicht im Haus ist, fragen unsere Bewohner schon nach: Wo bleibt denn unser Sonnenschein?“

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