Blumen für die künftige Praxisanleiterin Huyen, die vor Freude in die Luft geht. Foto: Gregor Lorenz

 
26.03.2024

Die gute Seele der vietnamesischen Azubis

Pflegefachkraft Huyen Nuygen kümmert sich um die 14 Schützlinge aus der Heimat

8.400 Kilometer Luftlinie von Schneeberg entfernt, lässt sich nicht alles praxistreu planen. Da lernte das dritte Kind der vietnamesischen Kleinbauernfamilie Nuygen in der nördlichen Provinz Vinh Phuc jahrelang fleißig Deutsch. Hochdeutsch. Und so sah sich die damals 20-Jähige gut gerüstet, als sie im Sommer 2017 mit einem Koffer in Schneeberg landete, um Altenpflegerin zu werden. Katrin Rings, Direktorin vom Kursana Domizil Schneeberg ebnete ihr im Domizil und in der Stadt den Weg, besorgte eine Wohnung, kümmerte sich um sie. Und dann hörte Huyen auf einmal ihr fremde Wörter, wie „Brieftracher“, „uffn Barg“ oder „Baam“. Das junge Mädchen aus Asien zweifelte. "Ich dachte, dass man mir in Vietnam gar kein richtiges Deutsch beigebracht hatte“, erinnert sie sich heute herzlich lachend. Aber die Bewohner und Mitarbeiter im Domizil führten sie mit der Zeit in das ABC der erzgebirgischen Mundart ein, gaben Tipps, übten das Aussprechen. Huyen lernte ein zweites Mal ein etwas anderes Deutsch, diesmal praxistauglicher. Natürlich nur nebenbei. Denn sie absolvierte eine dreijährige Ausbildung zur Pflegefachkraft. Im Domizil ist Huyen bei den Bewohnern sehr beliebt. „Sie hat eine sehr feinfühlige und liebevolle Art“ lobt die Direktorin. Sie fördert die bescheidene fleißige junge Frau. Im Augenblick bildet sie sich ein Jahr lang weiter, wird Praxisanleiterin. Denn mittlerweile lernen im Kursana Domizil Schneeberg 14 (!) Azubis aus Vietnam. Huyen nimmt sie an die Hand, begleitet sie. Das geht bis zur Lautstärke der Stimme. „Wir sprechen üblicherweise in Asien sehr leise“, bemerkt Huyen. „Aber mit den Bewohnern muss man eher laut reden, damit sie uns gut verstehen.“ Inzwischen kennt die Sprachbegabte beide Kulturen sehr gut und kann vermitteln, erklären, übersetzen. Sie ist die „Tâm hôn tôt“ wie die „gute Seele“ in Vietnam genannt wird. Sie nimmt ihre Schützlinge unter ihre Fittiche, tröstet auch mal bei Heimweh. Das kennt Huyen natürlich. Doch sie sieht ihre Eltern jeden Tag. Per Videochat. Sie sind stolz auf ihre Tochter in Deutschland, stärken ihr den Rücken und betonen immer wieder, dass sie so lange bleiben kann, wie es ihr gefällt. Und so hat Huyen in Schneeberg eine neue Heimat gefunden, die sie schön - oder praxisnäher ausgedrückt - „schie“ findet.

 

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