Immer am Ball: Anna Melzer (94) versäumt im Kursana Domizil Seelze keine Gymnastikstunde. ©Kursana

 
24.07.2015

„Ich lasse mich nicht hängen!“

Die sehbehinderte 94-jährige Anna Melzer aus dem Kursana Domizil Seelze hält sich mit Gymnastik fit.

Die tägliche Viertelstunde Turnen noch vor dem Aufstehen ist Anna Melzer (94) schon in Fleisch und Blut übergegangen. „Das mache ich schon seit vielen Jahren“, sagt die alte Dame. „Es tut gut, ein bisschen mit den Beinen in der Luft Rad zu fahren und den ganzen Körper bis in die Zehenspitzen einmal durchzubewegen. Dadurch bin ich bis heute fit geblieben. Wenn ich nicht fast blind wäre, dann wäre das Leben herrlich“. Ihr Handicap versucht Anna Melzer mit Humor zu nehmen. „Ich lasse mich nicht hängen“, meint die Seniorin entschieden. „Das Leben wird nicht schöner, wenn man den ganzen Tag wie eine Trauerweide herumsitzt.“

Vor 15 Jahren wurde bei Anna Melzer eine altersbedingte Makula-Degeneration festgestellt. Fast jeder fünfte Bundesbürger über 65 Jahre ist mittlerweile von dieser Netzhauterkrankung, die zur Erblindung führen kann, betroffen. Bei vielen führe die Sehbehinderung laut Deutschem Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) dazu, dass sie sich zurückziehen und ihre körperlichen Aktivitäten einstellen. Der Bewegungsmangel ziehe dann weitere Beschwerden wie Rückenschmerzen oder Bluthochdruck nach sich.

Anna Melzer nahm nach der Diagnose Kontakt zum Blindenverband auf und lernte, als die Krankheit fortschritt, sich mit Hilfe eines Blindenstocks weiter selbständig zu bewegen. Bis vor zwei Jahren lebte sie mit Unterstützung eines ambulanten Pflegedienstes noch allein in ihrer Wohnung in Badenstedt. „Als ich mehrmals gefallen bin, wurde ich unsicher auf den Beinen“, erzählt sie. „Meine Tochter meinte: `Mutti, gehe dahin, wo das Leben ist´ und so habe ich mich für ein Pflegeheim entschieden.“

Im Kursana Domizil Seelze hat die 94-jährige schnell Anschluss an andere Bewohner gefunden. Sie besucht die Spielenachmittage und das Gedächtnistraining und nimmt zusätzlich zu ihrem privaten Turnprogramm zweimal wöchentlich an einer Gymnastikrunde teil. „Den Spaß in der Gruppe möchte ich nicht missen“, meint Anna Melzer. „Unser junger Trainer fordert uns ganz schön. Wir feuern uns gegenseitig an und machen uns Mut, immer am Ball zu bleiben.“ Außerdem dreht die Seniorin täglich mit ihrem Rollator eine Runde ums Haus. „Die Umgebung des Domizils kenne ich gut und treffe immer ein paar Leute aus der Nachbarschaft, um ein paar Worte zu wechseln“, erzählt sie.

Die Probleme mit dem Gleichgewicht haben sich gebessert, und die Geborgenheit in der Gemeinschaft tut Anna Melzer gut. Sie kann zwar nicht mehr lesen und fernsehen, widmet sich aber mit viel Vergnügen ihren Hörbüchern. „Wenn mich jemand fragt, wie es mir geht, antworte ich grundsätzlich: `Am liebsten gut´“, meint sie verschmitzt. „Wenn man zusammen lachen kann, sieht die Welt doch schon ganz anders aus.“

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