Lars Büdenbender mit der Besucherin der Tagespflege Tamara Lulkin (81). (© Kursana)

 
30.06.2022

Inklusion: Aus der Werkstatt in die Altenpflege

Menschen mit einer Beeinträchtigung haben es schwer auf dem Arbeitsmarkt. Ihre Stärken werden oft nicht gesehen, obwohl sie in vielen Bereichen dringend gebraucht würden. In der Betreuung von Senioren beispielsweise kommt es nicht auf gute Noten an, sondern auf ein Gespür für Menschen. Im Kursana Domizil Siegen hat man das erkannt, wie das Beispiel eines Praktikanten zeigt.

„Frau Winter, meine Gute! Komm, wir gehen eine Runde!“, ruft Lars Büdenbender einer Besucherin der Tagespflege zu, bevor er sie im Rollstuhl in den Garten schiebt. Schon geht es vorbei an Büschen und Blumen, dann ein Stopp am Hochbeet zum Kräuter-Schnuppern. Seit der 36-Jährige ein Praktikum in der Pflegeeinrichtung absolviert, ist mehr Zeit für diese Dinge. Er begleitet an Demenz Erkrankte in ihrem Bewegungsdrang, spielt mit den Senioren Brettspiele, bastelt Fensterdekorationen aus Draht und Perlen oder bäckt mit ihnen Apfelpfannkuchen. „Alles, was Lars tut, bedeutet für uns eine Entlastung“, bringt es die Tagespflege-Mitarbeiterin Tülay Dil, die ihn anleitet, auf den Punkt.

Lars Büdenbender hat eine leichte kognitive Einschränkung und arbeitet bislang in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung. Viel lieber jedoch würde er etwas mit Menschen machen, so wie jetzt. Am liebsten würde er gleich dableiben. „Ich habe alle so ins Herz geschlossen“, sagt er. Von den Mitarbeitern fühlt er sich angenommen und auch bei den Senioren kommt er mit seiner freundlichen, empathischen und unkomplizierten Art gut an. „Die Bewohner hängen an ihm“, bestätigt Tülay Dill. „Lars ist offen und unvoreingenommen jedem gegenüber“, beschreibt ihn die Leiterin der Sozialen Betreuung Kerstin Fey. Menschen wie er hätten oft feine Antennen und eine hohe Sozialkompetenz, weiß die gelernte Heilerziehungspflegerin.

Und noch etwas zeichnet Lars Büdenbender aus: „Er macht seine Arbeit mit Leib und Seele und ist sehr bestrebt, alles gut zu machen“, hat Kerstin Fey beobachtet. Gewissenhaft erfülle er die ihm anvertrauten Aufgaben. Neben der Begleitung der Senioren gehören auch hauswirtschaftliche Tätigkeiten dazu. „Ich kann mich auf ihn verlassen“, lobt Tülay Dil.

Während seines Praktikums soll Lars Büdenbender noch andere Arbeitsbereiche in der Einrichtung kennenlernen und nach der Betreuung auch in die Pflege hineinschnuppern. Allererste Erfahrungen in einer Senioreneinrichtung hatte Lars Büdenbender schon einmal während eines zweiwöchigen Schulpraktikums gesammelt. Jetzt ist er sich ganz sicher, dass ihm die Arbeit mit alten Menschen liegt. Das sieht man im Theodor-Keßler-Haus genauso. „Wir würden Lars gerne nach seinem Praktikum hierbehalten“, sagt Kerstin Fey. Sie und die Einrichtungsleitung suchen derzeit nach einem Weg. „Wenn man einem Menschen mit einer kognitiven Einschränkung die Möglichkeit gibt, außerhalb einer Werkstatt zu arbeiten und das zu tun, was ihm Spaß macht, ist das doch eine tolle Sache“, findet sie. „Besser kann Integration nicht laufen.“

Foto: Kursana

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