Eine Freundschaft über Generationen hinweg: Ann-Kristin Ellefsen und Emmi Eichler haben sich im Kursana Domizil Buchholz kennengelernt. Copyright: Kursana.

 
02.06.2015

Ziemlich beste Freundinnen

Seit fast einem Jahr betreut die 19jährige Schülerin Ann-Kristin Ellefsen die 93jährige Emmi Eichler im Kursana Domizil Buchholz als ehrenamtliche „Glücksbringerin“.

Am Sonntagabend hat Ann-Kristin Ellefsen (19) aus Transparentpapier eine ganze Tüte voll leuchtend bunter Kreise ausgeschnitten. Diese breitet sie jetzt auf dem Tisch vor Emmi Eichler (93) aus, damit die alte Dame sie als ein buntes Mosaik außen auf ein Glas kleben kann. „Lass uns zusammen ein Windlicht basteln, Emmi“, meint Ann-Kristin Ellefsen und lächelt aufmunternd. Für Emmi Eichler ist das keine leichte Aufgabe, da sie Probleme mit der Feinmotorik hat und die Finger nur schwer bewegen kann. Doch die beiden Frauen sind beim Basteln schnell in ein intensives Gespräch vertieft, und dabei sind die Schmerzen schnell vergessen.

„Tini ist für mich ein echter Glücksgriff“, sagt die Bewohnerin im Kursana Domizil Buchholz, die seit knapp einem Jahr von ihrer ehrenamtlichen „Glücksbringerin“ begleitet wird. Mit 19 Jahren ist die Schülerin aus Marxen in der Senioreneinrichtung die jüngste im Team der ehrenamtlichen Mitarbeiter.  „Tini ist zuverlässig, sehr hilfsbereit und intelligent. Mit ihr kann ich mich wunderbar unterhalten“, schwämt Emmi Eichler. Immer Montagnachmittags, nach acht Stunden Unterricht, besucht Ann-Kristin Ellefsen die Seniorin für eineinhalb Stunden. Wenn es das Wetter zulässt, machen beide einen Spaziergang. „Mit Emmi bekomme ich den Kopf frei, ich genieße die Zeit mit ihr“, sagt die junge Frau. „Sie ist längst zu meiner besten Freundin geworden.“

Ihr Herz für alte Menschen entdeckte Ann-Kristin Ellefsen bei einem vierwöchigen Praktikum in einem Seniorenheim in Jesteburg, das sie im Rahmen einer einjährigen Ausbildung an der Pflegeschule absolvierte. Als sie im vergangenen Jahr auf das Berufliche Gymnasium mit Fachrichtung Gesundheit in Buchholz wechselte, wollte sie weiterhin ein Standbein in der Praxis behalten. Im Kursana Domizil Buchholz nahm sie anfangs an den Gruppenangeboten teil und spielte mit den Bewohnern „Stadt-Land-Fluss“ oder „Mensch, ärgere dich nicht“. „Gleich bei unserem ersten gemeinsamen Spaziergang war es dann um mich geschehen“, lacht Ann-Kristin. „Emmi ist an so vielen Themen interessiert. Sie kann toll zuhören und ist absolut ehrlich zu mir. Mit ihrer Lebenserfahrung hat sie mir schon viele gute Ratschläge geben können.“

Emmi Eichler war 45 Jahre als Buchhalterin berufstätig und hat über ihre Tochter, drei Enkel- und ein Urenkelkind immer Kontakt zu jüngeren Menschen gehabt. An Ann-Kristins Schulalltag mit den vielen Hausaufgaben, den Fahrstunden und privaten Erlebnissen nimmt die Seniorin regen Anteil. „Es ist schon enorm, welches Pensum ein junger Mensch wie Tini heutzutage bewältigen muss“, staunt Emmi Eichler, die sogar schon Ann-Kristins Mutter, ihre Zwillingsschwester Catharina und ihren Freund Moritz kennengelernt hat. „Emmi bringt mich runter, wenn der Stress zu groß wird. `Glaub an dich´, sagt sie mir dann“, erzählt Ann-Kristin Ellefsen, die nach dem Abitur gern Psychologie studieren möchte. Ihre Mitschüler verstehen manchmal nicht, dass sie lieber eine Zumba-Tanzstunde als das Treffen im Domizil absagt. „Aber es macht mich glücklich, einen anderen Mensch glücklich zu machen“, sagt Ann-Kristin Ellefsen. „Ich denke, viel mehr Jugendliche sollten diese Erfahrung machen, indem sie ein Ehrenamt übernehmen.“

Dabei lassen die beiden Frauen keinen Zweifel daran, dass sie miteinander – wie echte Freundinnen - nicht immer den bequemsten Weg gehen. Als Ann-Kristin Ellefsen in einem privaten Konflikt steckte, riet ihr Emmi Eichler beharrlich, endlich mit der Kontrahentin zu reden. „Sonst hätte ich das Thema wohl nie vom Tisch bekommen“, sieht Ann-Kristin Ellefsen ein. Und Emmi Eichler hält beim beschwerlichen Basteln tapfer durch, denn nur durch Übung bleiben ihre Finger beweglich. Am Ende schillert das Windlicht in allen Farben. „Das mache ich heute Abend an“, verspricht Emmi Eichler ihrer „Glücksbringerin“. „Und dann denke ich an dich.“

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