Raum für Geselligkeit und Aktivitäten: der Aufenthaltsraum der Demenzwohngruppe

 
28.01.2020

Beschützender Freiraum

Das neue Kursana Domizil Eschenburg hat eine Demenz-Wohngruppe eröffnet. Als eine von wenigen Pflegeeinrichtungen in der Region verfügt das Haus nun über einen separaten, auf die besonderen Bedürfnisse demenziell erkrankter Menschen ausgerichteten Wohnbereich. In ihm finden die Senioren ein sicheres Zuhause, in dem sie sich frei bewegen können.

Im Aufenthaltsraum der Demenz-Wohngruppe herrscht konzentrierte Stille. Es wird gearbeitet. Pinselstrich für Pinselstrich tragen die Bewohner Farbe auf Wäscheklammern und verzieren sie mit Blümchen und Perlen. Jede Klammer bekommt einen Namen, jeder Name ein Datum. „Wir gestalten einen Geburtstagskalender“, erklärt die Leiterin der sozialen Betreuung, Jennifer Müller-Faber, 31.

Der in hellen Tönen gehaltene Aufenthaltsraum bildet das Zentrum des Demenzbereiches. Er wird für Mahlzeiten und Aktivitäten genutzt. Große Fenster gewähren Einblick vom Flur, auch vom Dienstzimmer des Personals aus ist er einsehbar. Am Kopfende befindet sich eine Küchenzeile mit abschließbaren Schränken. Hier kann das Team mit den Bewohnern kleine Speisen zubereiten oder Kuchen backen. Schließlich heißt die Wohngruppe Backes, benannt nach der traditionellen Backstube im Nachbarort Wissenbach, die viele noch von damals kennen und die noch heute existent ist. Anknüpfungspunkte an früher bietet die Küche einige. Auch die Möglichkeit, sich mit vertrauten hauswirtschaftlichen Tätigkeiten einzubringen. Dabei geht es um Selbstständigkeit und Anerkennung, um das Gefühl, in einer Gemeinschaft gebraucht zu werden. Die Wohngruppe als Großfamilie – im „Haus Sonnenwinkel“ gehört dies zum Konzept.

Individueller Pflegeansatz

Eine Terrassentür führt hinaus in einen geschützten Außenbereich, der dieser Wohngruppe vorbehalten ist. Zwei Hochbeete sind schon angelegt und warten darauf, im Frühjahr von den Bewohnern bepflanzt zu werden. Die bequeme Arbeitshöhe ermöglicht auch Rollstuhlfahrern das Gärtnern. Bei schönem Wetter sollen draußen auch Mahlzeiten eingenommen werden.

Ob backen, basteln oder Blumen pflanzen – die Aktivitäten sorgen nicht nur für Unterhaltung, sondern trainieren auch die kognitiven Fähigkeiten der Senioren. „Wir haben Bewohner mit ganz unterschiedlichen Ausprägungen und Stadien der Demenz“, erklärt Domizil-Direktor Sascha Thiel. Jeden Einzelnen auf seiner kognitiven Ebene abzuholen, sei das Ziel ihres Pflegekonzepts. In Anlehnung an das psycho-biografischen Pflegemodell des Wissenschaftlers Erwin Böhm berücksichtige es auch frühere Lebensgewohnheiten. „Wenn ein Bewohner in der Nachtschicht gearbeitet hat und deshalb gerne länger schläft, darf er das auch hier tun“, sagt der Einrichtungsleiter. Eine gewisse Flexibilität bei den Tagesabläufen mache es für alle einfacher, ist Sascha Thiel überzeugt. Viele Konfliktsituationen fielen so weg.

Wie in allen Kursana Einrichtungen gibt es auch in Eschenburg ausschließlich Einzelzimmer. Barrierefreie Pflegebäder mit Ambientebeleuchtung gehören auf jeder Etage zur Ausstattung. Verlässt man den Demenzbereich, muss man einen Code eingeben. Ansonsten erklingt auf den Mobiltelefonen des Pflegepersonals ein Signalton. Öffnen aber lässt sich die Tür immer. Die Vorteile eines separaten Wohnbereichs für dementielle Bewohner sind vielfältig. Sie können sich frei und zugleich sicher bewegen, ohne dass die Betreuer sie ständig im Auge behalten müssen. Sie können ihren Bewegungsdrang, der für diese Krankheit typisch ist, ausleben. Sie sind nicht durch die Anwesenheit vieler Menschen überfordert und stören auch niemanden mit gelegentlichem „herausforderndem“ Verhalten, wie es in Fachsprache heißt.

15 Bewohner kann der Demenzbereich im Kursana Domizil Eschenburg aufnehmen. Und noch drei Wäscheklammern der selbstgebastelte Geburtstagskalender.

 

Foto: Kursana

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