Babypflege: Liesel Krisse (93) badet eine Puppe (©Kursana).

 
05.02.2024

Demenz: Freude durch Puppen

Fast wie in einer Kinderkrippe geht es manchmal in der Demenzwohngruppe des Kursana Domizils Eschenburg zu. Dass es „nur“ Puppen sind, die liebevoll umsorgt werden, spielt keine Rolle. Denn der Umgang mit ihnen weckt bei Menschen mit Demenz Erinnerungen und viele positive Emotionen.

„Sei ruhig, der Junge schläft!“, mahnt eine Bewohnerin. „Das ist doch nur eine Puppe“, bemerkt eine andere. Ob Kind oder Puppe, für Menschen mit Demenz ist das nicht wichtig. Liebevoll werden die Puppen umsorgt, nicht aus der Hand gegeben. Auch die 93-jährige Liesel Krisse weiß genau, was „ihr Baby“ braucht: Viel Liebe und Zuwendung, frische Wäsche und auch einmal ein Bad. Jeder Handgriff sitzt, die mütterliche Fürsorge ist tief verwurzelt. „Die Bewohnerinnen reden mit den Puppen, auch wenn sie sonst kaum ein Wort sagen“, erklärt die Leiterin der Sozialen Betreuung Vanessa Krumme.

In der Demenzforschung sind die positiven Effekte von Puppen auf dementiell erkrankte Senioren bekannt. Puppen können als Türöffner fungieren und die Kommunikation anregen. Gleichzeitig fördern sie die Wahrnehmung, sorgen für Entspannung und Wohlbefinden. Die Beschäftigung mit einer Puppe kann dazu beitragen, Aggressionen abzubauen und helfen, zur Ruhe zu kommen. Studien haben gezeigt, dass in manchen Fällen sogar der Einsatz von Medikamenten mit Hilfe einer Puppentherapie verringert werden kann. Die Fürsorge für eine Puppe erlaubt einer Seniorin, eine vertraute Rolle anzunehmen. „Das Gefühl, gebraucht zu werden, tut der Person gut“, bestätigt auch Vanessa Krumme und ergänzt: „Nicht nur gepflegt zu werden, sondern auch selbst zu pflegen, gibt Selbstvertrauen.“

In Schweden wurden bereits in den 1990er Jahren autistische Kinder mit Puppen behandelt. Für die „doll therapy“ mit Senioren gibt es inzwischen speziell angefertigte Therapiepuppen, auch Demenz- oder Empathie-Puppen genannt. Sie verfügen über bestimmte Merkmale. In der Regel sind sie zum Beispiel ein bisschen schwerer, um natürlich zu wirken. Lange weiche Haare und ein freundlicher Blick laden ein, sie zu streicheln und wecken den Fürsorgeinstinkt.

Im Kursana Domizil Eschenburg funktioniert dies auch mit ganz normalen Puppen für Kinder. „Eine Kollegin brachte einmal eine Puppe mit. Da haben wir gemerkt, wieviel Spaß unsere Bewohnerinnen daran haben“, erzählt Vanessa Krumme. Inzwischen ist aus Spenden von Mitarbeitenden eine ganze Puppenbande zusammengekommen und die Wohngruppe zu einer bunten Patchworkfamilie zusammengewachsen.

Zur Übersicht