Im Appartement der Kursana Residenz Hamburg ist Hobby-Geologe Hans Albert Görbig (88) von seinen liebsten Fundstücken umgeben. ©Kursana
Auf ihren Fensterbänken mögen andere Bewohner Blumentöpfe platzieren – im Appartement von Hans Albert Görbig in der Kursana Residenz Hamburg liegt dort auf Spitzendeckchen eine Vielzahl ganz unterschiedlicher Steine, die er im Laufe seines langen Lebens gesammelt hat. Bei einigen kann man kleine weiße Aufkleber entdecken, auf denen der 88-Jährige den genauen Fundort und den Zeitpunkt des Auffindens vermerkt hat. „Viele Kinder können sich für Steine begeistern und sammeln sie“, sagt der Hamburger, der seit eineinhalb Jahren in der Senioreneinrichtung lebt, schmunzelnd. „Mich hat diese Leidenschaft nie losgelassen, sondern sie hat mein Leben ausgefüllt. Bis heute geben mir die Steine Rätsel auf, denen ich mit kleinen Studien nachgehe. Dieses Hobby bringt mich zur Ruhe und beschert mir immer wieder Momente großer Freude.“
Auf die Spur der Steine kam Hans Albert Görbig als Siebenjähriger, als er während des Zweiten Weltkrieges im Rahmen der Kinderlandverschickung ins bayerische Schwandorf kam und bei Spaziergängen das Gestein der Berge kennenlernte. Bei einer späteren Jugendveranstaltung an der Ostsee staunte er über die farbliche Vielfalt der Steine. „Warum gibt es so viele? Warum sind sie unterschiedlich? Steine sind stumm. Der Mensch muss die Fragen stellen, um ihnen ihr Geheimnis zu entlocken“, sagt er. „Bei meinen privaten Forschungen haben mich immer die eigenen Steinfunde geleitet, die mir subjektiv besonders gut gefielen.“ Als Beispiel präsentiert Hans Albert Görbig einen grünlich-weißgefleckten Stein von seiner Fensterbank, den er – so ist es auf dem Aufkleber zu lesen - im Mai 1992 auf Fehmarn am Ufer der Ostsee in der Nähe von Klausdorf entdeckt hat.
Beruflich hat sich Hans Albert Görbig für eine Ausbildung zum Chemielaboranten entschieden und sich später mit einem Abendstudium zum Chemotechniker weitergebildet. Im Laufe seines Lebens hat er in den Laboren mehrerer großer Hamburger Unternehmen gearbeitet. Sein umfangreiches Wissen über chemische Prozesse ergänzte er durch private Studien zur Geologie, bei der die Zusammensetzung und Verbreitung von Gesteinskörpern wichtige Informationen zur Entwicklung der rund viereinhalb Milliarden Jahre alten Erdgeschichte liefert.
Am Arbeitsplatz suchte Hans Albert Görbig stets den Kontakt zu Werkstudenten und belegte in seiner Freizeit zahlreiche Kurse an der Volkshochschule und später am Geomatikum der Hamburger Universität. Immer wieder ging er privat mit Wissenschaftlern auf geführte Exkursionen zu geologisch interessanten Orten, an denen sich frühere Vulkantätigkeiten und die Auswirkungen von Eiszeiten, die zur Verschiebung von Gestein geführt haben, studieren lassen. Solche Reisen führten ihn beispielsweise in die Eifel, in den Harz, nach Bayern, in die skandinavischen Länder und nach Tunesien und Sizilien. Als echte Glücksmomente beschreibt es der Amateur-Geologe, wenn er dabei eigenen Lieblingsstücken auf die Spur kommen konnte. So hat er beispielsweise bei einer Studienreise zum Kinnekulla-Berg im westschwedischen Västergötland, auf die ihn seine Frau begleitet hat, seinen grünlich-weißen Stein als „Kinne-Diabas“-Gestein identifizieren können, das über eiszeitliche Bewegungen bis nach Fehmarn gelangt ist.
Auch heute noch verfolgt der zweifache Vater, der mittlerweile verwitwet ist, die Aktivitäten des Ätna-Vulkanes auf Sizilien regelmäßig live per Webcam und geht geologischen Fragen mit Hilfe seiner umfangreichen Bibliothek von Fachbüchern nach. Außerdem besucht er in der Senioreneinrichtung Film- und Musikveranstaltungen genauso wie die monatlichen Nachmittage mit Märchenerzählungen, in denen es gar nicht so selten um die „magische Wirkung“ von Steinen geht. Besondere Freude hat Hans Albert Görbig daran, wenn er sich mit seinem achtjährigen Urenkel - einem leidenschaftlichen Steine-Sammler - gemeinsam dem Zauber des Gesteins widmen kann.
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