Zwei, die sich gut verstehen: Ole Petersen unterstützt im Tagesclub der Kursana Residenz Hamburg Bewohnerin Etta Schnoor bei der Gestaltung ihres Alltags.©Kursana

 
04.10.2016

Eine Schule fürs Leben

Der 27-jährige Architektur-Student Ole Petersen aus Niendorf betreut seit sieben Jahren demenziell erkrankte Senioren im Tagesclub der Kursana Residenz Hamburg

Eigentlich bedauert Ole Petersen, dass der Zivildienst 2011 abgeschafft worden ist. „Ich glaube, dass es jungen Leuten gut tut, für eine gewisse Zeit Einblick in eine soziale Einrichtung zu bekommen“, sagt der 27-jährige Architektur-Student aus Niendorf. „Mich hat als Zivi in der Kursana Residenz besonders die Arbeit mit den demenziell Erkrankten für mein Leben geprägt.“ Und sie hat ihm so viel Spaß gemacht, dass Ole Petersen noch heute im Tagesclub der Niendorfer Senioreneinrichtung tätig ist. Drei Jahre lang hat er dort einmal pro Woche ehrenamtlich demenziell erkrankte Bewohner der Appartements bei der Gestaltung ihres Alltags unterstützt. Seit dem Studienbeginn vor zwei Jahren jobbt er dort an zwei bis drei Wochenenden im Monat.

„Anfangs hat mich erschreckt, wie sehr das Verhalten der Bewohner dem von Kindern ähnelt. Von Demenz hatte ich damals keine Ahnung“, erzählt Ole Petersen, der vor dem Zivildienst eine Ausbildung zum sozialpädagogischen Assistenten gemacht und in einer Kita gearbeitet hat. Stück für Stück führten ihn die Mitarbeiter der Residenz in die Betreuung der Menschen mit leichter bis mittlerer Demenz ein: Er unterstütze die Senioren bei den Mahlzeiten, sang und bastelte mit ihnen und  gestaltete für sie das Gedächtnistraining. In Erzählrunden und Einzelgesprächen lernte er die Lebensgeschichten der Menschen aus der Kriegsgeneration kennen. „Da habe ich zum ersten Mal Leuten gegenüber gesessen, die gehungert haben. Während heute so viele Lebensmittel weggeworfen werden“, sagt Ole Petersen nachdenklich.

Mit der Zeit habe ihn der Umgang mit den Demenzkranken verändert. „Anfangs war ich nicht besonders geduldig, heute bin ich die Geduld in Person“, meint er lachend. „Viele der alten Menschen sind wirklich locker drauf trotz ihrer gesundheitlichen Probleme. Das hat wohl auf mich abgefärbt: Mittlerweile mache ich mich nicht mehr wegen Kleinigkeiten verrückt, bin deutlich spontaner geworden und denke viel positiver als früher.“

Seine Kommilitonen im Architekturstudium können oft nicht begreifen, was Ole Petersen die Arbeit mit den Demenzkranken gibt. Koste es nicht Nerven, wenn Bewohner angesichts ihrer Vergesslichkeit immer wieder dieselbe Frage stellen, wollten schon einige von ihm wissen. „Solche Herausforderungen gehe ich spielerisch an. Als mich eine Dame jede halbe Stunde aufs Neue gefragt hat, wie lang mein Arbeitsweg ist, habe ich die Antworten variiert: Ein Kilometer Luftlinie, eine Viertelstunde zu Fuß, fünf Minuten mit dem Fahrrad, drei mit dem Auto“, erzählt er. „Heute lacht sie, wenn sie mich sieht und ruft: `Du wohnst nicht weit weg!´“

Manchmal erzählt Ole Petersen den anderen auch davon, wie viel Glück er empfindet, wenn er den demenziell erkrankten Bewohnern schon mit Kleinigkeiten eine große Freude bereiten kann. Und wie viel Zufriedenheit er daraus gewinnt, mit der Arbeit im Tagesclub etwas wirklich Sinnvolles zu tun.  Sein großer Traum ist es, eines Tages seine beiden Lebenswelten miteinander verbinden zu können. „Am liebsten möchte ich später soziale Einrichtungen entwerfen“, sagt Ole Petersen. „In ihnen wird es viel Raum dafür geben, dass sich die Generationen  begegnen können. Damit  Jung und Alt mehr voneinander lernen können.“

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