„Ick snack Platt – du ok?“ Beim unterhaltsamen Plattdeutsch-Nachmittag in der Kursana Residenz Hamburg motiviert Silke Frakstein die Bewohner, wieder einmal die Sprache ihrer Kindheit zu sprechen. ©Kursana

 
27.07.2023

„Plattdeutsch ist ein Stück Heimat“

Einmal im Monat besucht die plattdeutsche Entertainerin Silke Frakstein aus Hamburg-Niendorf ehrenamtlich die Senioren in der Kursana Residenz Hamburg

Wenn Silke Frakstein beim monatlichen Plattdeutsch-Treff in der Kursana Residenz Hamburg den Senioren einen Text vorträgt, dann erweckt sie die Geschichten mit Temperament und viel schauspielerischem Talent zum Leben. Wie ein wohlig warmer Mantel legt sich die Sprache ihrer Kindheit um die Schultern ihres Publikums. „Ich möchte den Bewohnern ein Stück Heimat vermitteln, denn viele sind wie ich mit Plattdeutsch groß geworden“, sagt die 82-Jährige, die seit vielen Jahren als plattdeutsche Entertainerin in ihrer Heimatstadt Hamburg aktiv ist und die Menschen zum aktiven Sprechen der niederdeutschen Sprache animieren möchte. „Als echte Hamburger Deern kommt sie bei uns sehr gut an“, sagt Bewohnerin Lotti Wettwer (90), die viele Jahre zusammen mit Silke Frakstein den Plattdeutsch-Kreis im Bürgerhaus Niendorf besucht hat. „Mittlerweile lesen auch einige Bewohner Texte vor oder führen sogar kleine Sketche auf Platt für uns auf.“

Die Wurzeln von Silke Fraksteins Familie liegen auf der Reeperbahn, wo ihr Großvater die „Amerikan Bar“ betrieb. Ihre Mutter wurde 1943 mit Tochter Silke und deren Bruder nach Bayern evakuiert, wo unter den Familien aus Norddeutschland ganz selbstverständlich Plattdeutsch gesprochen wurde. „Doch zurück in Hamburg sollten wir nur noch Hochdeutsch sprechen. Unsere Eltern meinten, dass wir es dadurch besser haben würden im Leben“, erzählt sie. Da Silke Frakstein ihre Muttersprache vermisste, schloss sie sich bereits mit 20 Jahren einer niederdeutschen Laienspielbühne an. Später gründete sie in Niendorf die plattdeutsche Theatergruppe „Die kleine Maske“ und trat auch solo mit ihren „Kökschenliedern“ auf. Außerdem veröffentlicht sie seit dreißig Jahren eigene plattdeutsche Geschichten, nahm mehrere Hörbücher auf, vermittelte Plattdeutsch in Volkshochschulkursen und ging beim Hamburger Lokalradio mit diversen Formaten in der Sprache des Nordens auf Sendung.

Auch im Alltag lässt die leidenschaftliche Radfahrerin, die zusammen mit ihrem Mann viele europäische Länder per Drahtesel bereist hat, keine Gelegenheit aus, um Platt zu sprechen. Ihre Anstecker mit Aufschriften wie „Du kannst mi mol … op Platt ansnacken“ oder „Ick snack Platt – du ok?“ laden fremde Menschen zum kleinen Klönschnack ein. „Ich werde oft darauf angesprochen“, freut sie sich. „Gerade junge Leute sind sehr interessiert an der plattdeutschen Sprache. Sie wissen nur nicht, wo sie sie lernen und sprechen können.“ Silke Frakstein, die vor der Corona-Pandemie viele öffentliche Lesungen gemacht hat, trifft sich mittlerweile über die online-Plattform Plattpartu.de regelmäßig mit Gleichgesinnten zu Zoom-Konferenzen, um Plattdeutsch zu sprechen. Und getreu ihrem Lebensmotto „Nienich stillstahn“ hat die engagierte Kulturbotschafterin, die früher unter anderem in der Verwaltung der Pflegeeinrichtung „Bischoff Ketteler Haus“ gearbeitet hat, mit dem ehrenamtlichen Engagement in der Kursana Residenz Hamburg ein ganz neues Betätigungsfeld für sich aufgetan.

Bis zu 40 Bewohner der Senioreneinrichtung sind regelmäßig dabei, wenn Silke Frakstein ihnen zu Themen wie „Liebe“ oder „Seefahrt“ plattdeutsche Lieder und Geschichten zum Schmunzeln präsentiert und mit Döntjes für lockere Stimmung sorgt. „Plattdeutsch zu hören bedeutet mir viel“, sagt Lotti Wettwer. „Mir selbst fehlen die Worte, um flüssig sprechen zu können. Aber beim Zuhören werden viele schöne Erinnerungen an die Kindheit und meinen verstorbenen Mann, der gern Plattdeutsch gesprochen hat, geweckt.“   

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