Schülerin Vanessa Askwith (14) von der Stadtteilschule Niendorf weiht Bewohner Karl-Heinz Hoffmann (88) beim digitalen Training in der Kursana Residenz Hamburg in die Handhabung des Smartphones ein. ©Kursana

 
20.12.2018

Senioren werden fit am Smartphone

Ein halbes Jahr lang unterstützen Schüler der Stadtteilschule Niendorf die Bewohner der Kursana Residenz Hamburg im Umgang mit digitaler Technik

Die Bewohner der Kursana Residenz Hamburg können es kaum abwarten, dass ihre wöchentliche Trainingsstunde am Smartphone beginnt. „Ein Experte zu mir!“, ruft Horst Drechsler lachend, als die sechs Schüler der Stadtteilschule Niendorf die Bibliothek der Senioreneinrichtung betreten. Umgehend präsentiert er dem 15-jährigen Lou Hitpaß seinen Merkzettel mit den heutigen Wünschen: Horst Drechsler braucht Unterstützung bei der Datensicherung und möchte gern Spiele herunterladen. „Aber ich habe keine Lust auf Ballerspiele“, stellt er gleich klar. „Ist es auch möglich, die klassischen Brettspiele auf dem Smartphone zu spielen?“

Seit zwei Monaten besuchen die Schüler der neunten Klasse einmal wöchentlich die Residenz. Über ein halbes Jahr läuft ihr Projekt „Wir im Stadtteil“, bei dem sie sich für Umweltthemen und soziale Anliegen in ihrem direkten Lebensraum engagieren. Manche der Schüler helfen im Nachbarschaftscafé Wagrierweg oder bei der Norderstedter Tafel. Andere unterstützen Grundschüler bei den Hausaufgaben. Lou Hitpaß kam auf die Idee, den Senioren ehrenamtlich Hilfe anzubieten. Die Bewohner, die seit diesem Jahr in der Residenz Internetkurse besuchen und dort das digitale Einmaleins erlernen können, wünschten sich von der jungen Generation die Trainingsstunden am Smartphone.

„Wenn mir mein Enkel etwas erklärt, geht alles zack-zack. So schnell kann ich nicht folgen“, sagt Karl Heinz Hoffmann, der wegen seiner Makula-Degeneration beim Bedienen des Smartphones eine Lupe benötigt. „Hier kann ich solange fragen, bis ich alles verstanden habe und selbständig arbeiten kann. Das finde ich prima.“ Der 14-jährigen Vanessa Askwith bereitet es sichtlich Freude, mit dem 88-Jährigen die HVV-App herunterzuladen und ihm zu zeigen, wie er damit seinen persönlichen Fahrplan abrufen kann. „Die älteren Herrschaften freuen sich darüber, dass wir uns so gut auskennen und arbeiten toll mit“, sagt sie. „Letztes Mal habe ich anschließend sogar noch beim Dekorieren des Cafés geholfen.“

Die Klassenlehrerin Stefanie Phlippen besucht alle Gruppen regelmäßig bei ihrem Einsatz und stellt fest, wie gut es den Schülern tut, sich jenseits der Schule in der Welt der Erwachsenen zu behaupten. „Ich erlebe, wie meine Schüler durch die Wertschätzung ihrer Fähigkeiten selbstsicherer werden“, sagt sie. Während die Jugendlichen sonst häufig dafür kritisiert werden, dass sie so viel in der digitalen Welt unterwegs sind, ist in der Kursana Residenz ihr Expertenwissen gefragt. Über das digitale Training hinaus lernen sich Jung und Alt kennen und tauschen mit der Zeit auch private Geschichten aus.

„Eine Dame hat mir erzählt, wie früher die elektrische Schreibmaschine eingeführt wurde und sie lernen musste, daran mit zehn Fingern zu schreiben“, erzählt Vanessa. „Viele zeigen mir auch Familienfotos auf dem Handy oder demonstrieren stolz, dass sie ganz allein ein lustiges Katzenvideo heruntergeladen haben.“ Oftmals spendieren die Senioren den Schülern am Ende sogar Süßigkeiten, um sich für die Hilfe zu bedanken.

Heute haben die Bewohner neben der Klärung persönlicher Fragen gelernt, wie sie eine WhatsApp-Gruppe gründen und darüber an alle Beteiligten Bilder verschicken können. Besonders glücklich ist Horst Drechsler, der sich ab sofort mit einem Kniffelspiel auf dem Smartphone die Zeit vertreiben kann.

 

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