Powerfrau mit schwerem Schicksal: Altenpflegerin Anett Dietel. Foto: Gregor Lorenz

 
13.04.2021

Alle Achtung Anett! Als Risikopatientin in der Pflege

Mit viel Lebensmut und ohne Angst arbeitet Anett Dietel als Altenpflegerin

Angst lähmt die Seele und schwächt das Immunsystem. Das weiß Anett Dietel (48) seit ihrer Brustkrebserkrankung. Und deshalb kümmert sich die Altenpflegerin auch als Risikopatientin weiter um ihre Schützlinge im Kursana Domizil Zwickau. Furchtlos.

 

Im kollektiven Corona-Chorkonzert der Pessimisten hat gerade der Begriff „Pflexit“ Hochkonjunktur: der Ausstieg aus dem Pflegeberuf. Umso außergewöhnlicher ist die Geschichte von Anett Dietel aus Zwickau. Ihr Lebensglück begann mit dem Einstieg in die Pflege. Mit ihm hatte sie endlich eine Perspektive, einen krisensicheren Job, ein Team, zu dem sie gehört. Denn bis dahin erlebte die gelernte Zwirnerin auf dem Arbeitsmarkt eine Endloskette von Enttäuschungen. Sie hangelte sich von einem Aushilfsjob zum nächsten. 20 lange Jahre! Dann bekam sie endlich vom Arbeitsamt eine Umschulung zur Altenpflegerin angeboten. „Ich habe meine Mutter gepflegt und merkte dabei, dass mir die Arbeit wirklich liegt“, begründet die warmherzige Sächsin ihre Motivation, mit Anfang 40 den Job zu wählen. Im Kursana Domizil Zwickau fand die staatlich anerkannte Altenpflegerin ihren Anker. Er gibt ihr Halt. In guten wie in stürmischen Zeiten.

Es lief beruflich und privat gerade alles so schön glatt, als sie in der linken Brust einen Knoten ertastete. Und da war sie plötzlich da, diese Angst, die Seelen aufessen kann. Schon Anetts Mutter war an Brustkrebs erkrankt. Nach dem ersten Schock stellte sich die Altenpflegerin schonungslos der Diagnose und begab sich in die Hände der Schulmedizin. Die zog alle Register: Chemotherapie, Operation, Bestrahlungen. Anett wehrte sich gegen den Feind in ihrem Körper. Dabei achtete sie trotz aller Schmerzen auf den inneren Ausgleich (Sternbild Waage). Ihr Mann Ronny und Sohn Philipp halfen ihr dabei, sorgten für ein Wohlfühl-Zuhause. Dort war Anett aber auch oft in Gedanken bei ihren Bewohnern. Denn die fehlten ihr genauso, wie das Gefühl als Altenpflegerin gebraucht zu werden. Deshalb überlegte sie sich eine Begleittherapie, die den Ärzten zunächst Bauchschmerzen bereitete: ganz normal wieder zur Arbeit zu gehen! Zuerst nur ein paar Stunden, später Vollzeit in zwei Schichten. Das waren sogar zehn Stunden in der Woche mehr als vor der Erkrankung. Und es ging gut!

Als die Zwickauerin wieder symptomfrei war, begann die Corona-Pandemie. Als Vorerkrankte zählt Anett nun zu den Risikopatienten. „Doch ich habe nicht eine Minute daran gedacht, deshalb meine Arbeit im Pflegeheim aufzugeben“, erzählt Anett. Trotz mancher pessimistischer Stimmen aus dem Umfeld lässt sie sich nicht beirren. „Sich verrückt machen lassen bringt doch überhaupt nichts“, bemerkt sie. „Das habe ich bei meinem Kampf gegen den Krebs gelernt“. Mit dieser positiven Lebenseinstellung pflegt Anett ihre Schützlinge, zu denen beispielsweise Annemarie Wittig (93) zählt. „Sie ist sehr belesen. Gern schwatzen wir mal gemeinsam über Gott und die Buchwelt“, meint Anett. „Viele Bewohner haben auch schwere Schicksalsschläge in ihrem Leben durchgemacht und sind immer wieder aufgestanden“, weiß die Altenpflegerin und nimmt sich an ihnen ein Beispiel. Täglich.

 

 

 

 

 

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