Die Bewohnerinnen Gisela Zindel (l.) und Ursula Kraatz hatten Spaß daran, in das neue Yoga-Angebot der Kursana Residenz Hamburg hineinzuschnuppern. ©Kursana
Konzentriert sitzt Gisela Zindel (95) bei ihrer ersten Yogastunde in der Bibliothek der Kursana Residenz Hamburg mit einem Dutzend ihrer Mitbewohnerinnen in einem Stuhlkreis. Die Füße in dicken Socken sind entspannt auf dem Boden platziert, die Hände liegen auf den Schultern. Mit langsamen Drehbewegungen wird der Oberkörper zum Aufwärmen sanft gedehnt. „Bei dieser Übung machen wir die Brustwirbelsäule geschmeidig und regen den Lymphfluss an“, erklärt Tanja Lüder (51), die seit Anfang März in der Senioreneinrichtung einen Einsteigerkurs in Yoga unterrichtet. Seither haben zahlreiche Bewohnerinnen das neue Training für Körper und Geist ausprobiert. Zwei Dutzend von ihnen sind mit großer Freude dabeigeblieben und besuchen einmal wöchentlich eine Übungsstunde im dynamischen Kundalini-Yoga-Stil.
„Ich freue mich sehr über die große Offenheit, mit der sich die Seniorinnen auf die neue Erfahrung eingelassen haben. Die meisten sind um die 80 und manche sogar über 90 Jahre alt“, sagt Lehrerin Tanja Lüder, die selbst seit über zwanzig Jahren Yoga praktiziert. Die freie Mitarbeiterin für den Kreativbereich einer Kinder-Eventagentur hat bereits Yogakurse für Kinder gegeben. Bereits vor der Pandemie plante sie ein Yoga-Angebot für Senioren und hat sich für diese Arbeit weitergebildet. „Gerade im Alter können Menschen von Yoga profitieren: Die Atemübungen vertiefen die Atmung bis in den Bauchraum, die Dehnübungen machen beweglicher und die Organe können durch spezielle Übungsreihen gestärkt werden. Körper und Geist kommen in Einklang und mit etwas Übung können wir lernen, unsere Stimmungen besser zu kontrollieren. Außerdem bringt es Freude, in einer gemeinsamen Stunde positive Energie für sich und andere freizusetzen.“
Tanja Lüder bat die Seniorinnen darum, sie wegen körperlicher Einschränkungen anzusprechen und erläutert bei jeder Übung etwaige Vorsichtsmaßnahmen. Die Teilnehmerinnen entschieden selbst, ob sie auf dem Stuhl oder auf einer Matte üben möchten. Mittlerweile gibt es getrennte Gruppen für „Stuhl-Yogis“ und „Matten-Yogis“, um die Übungen besser an die unterschiedlichen Bedürfnisse anpassen zu können. Passend zum Frühjahr standen bisher Übungsreihen für Leber, Nieren und das Drüsensystem auf dem Programm. Beim dynamischen Kundalini-Yoga wird jede Übung mehrere Male wiederholt, wobei jede Teilnehmerin die eigenen Grenzen liebevoll respektieren soll.
„Es geht bei uns nicht um höher, schneller, weiter und niemand wird bewertet“, betont Tanja Lüder immer wieder und weist in ihren Stunden auch auf Übungen hin, die jede für sich im Appartement praktizieren kann. Erfreut hat die Yogalehrerin festgestellt, dass einige Seniorinnen schon beweglicher werden, sich mit geschlossenen Augen auf Übungen einlassen können und sogar bei der abschließenden Meditation beim Singen eines Mantras leise miteinstimmen. Die Teilnehmerinnen schätzen diese besondere Yoga-Atmosphäre, der männliche Bewohner bisher noch skeptisch gegenüberstehen.
„Ich war mein Leben lang neugierig, deshalb wollte ich Yoga unbedingt kennenlernen“, sagt Gisela Zindel schmunzelnd. „Ich fand die Übungen sehr angenehm und abwechslungsreich. Auch wenn die Atmung im Mittelpunkt steht, war es sehr intensiv. Ich hatte anschließend sogar ein bisschen Muskelkater.“ Die 95-Jährige, die in der Residenz auch Kurse für Gymnastik und Wassergymnastik besucht, will schauen, ob sich Yoga noch in ihrem abwechslungsreichen Freizeitplan unterbringen lässt.
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